Schikane im Namen Gottes

■ Ein Brief beschreibt, wie Irans Staatsführung ihre Gegner drangsaliert

Berlin (taz) – Iranische Regimekritiker beklagen Bedrohungen durch staatliche Institutionen, die durch kein Gesetz der Islamischen Republik gerechtfertigt sind. Einen Einblick in diese Praktiken gibt ein Brief eines iranischen Buchhändlers an den Obersten Richter des Landes.

„Ich muß seit Jahren wegen Mitgliedschaft in einer wohlbekannten antidespotischen islamischen Organisation, der Freiheitsbewegung Irans, Unterdrückung und soziale Entbehrung hinnehmen“, schreibt Ahad Mirmohammad Resai an den „sehr geehrten Präsidenten der Judikative, Ajatollah Jasdi“. Es folgt eine Auflistung von Schikanen. Seit 1981 sei er wiederholt verhaftet und bedroht worden, schreibt der Buchhändler aus Sandschan. Bei Verhören habe man von ihm verlangt, „als Informant zu dienen“.

1994 sei er zum „Nachrichtenstab des Informationsamtes zitiert“ worden, wo ihm die Gewerbelizenz für seine Buchhandlung entzogen wurde. Für Resai begann ein Spießrutenlauf zwischen den Ämtern. Das für Gewerbeangelegenheiten zuständige Amt verwies auf den „Rat der Überwachungsbehörde“. „Es stellt sich die Frage, weshalb sich der Rat der Überwachungsbehörde veranlaßt sah einzugreifen, wenn die Schließung der Buchhandlung nicht aus politischen Gründen erfolgte“, fragt Resai in dem Schreiben, das er kürzlich auch an die „Liga für die Verteidigung der Menschenrechte im Iran in Berlin“ schickte.

Resai berichtet von einer Gedenkveranstaltung für den 1995 verstorbenen Gründer der Freiheitsbewegung (Nehsat Asade) und ersten Ministerpräsidenten nach der Revolution, Mehdi Basargan: „Gegen 22.30 Uhr wurde das Haus gestürmt, wobei die Haustür, Fensterscheiben und zwei vor dem Haus geparkte Autos stark beschädigt wurden.“ Die Freiheitsbewegung gilt im Iran als einzige nicht verbotene Oppositionsgruppe. Offiziell verlangt sie die Umsetzung der Verfassung; privat pflegen ihre Anhänger jedoch eher laizistische Gedanken. Der streng auf Legalität bedachte Vorsitzende, Ebrahim Jasdi, versuchte, bei den Präsidentschaftswahlen am 23. Mai zu kandidieren. Doch der allmächtige Wächterrat lehnte ab. Jasdi bekommt seit Jahren Drohanrufe.

Von der Repression seien auch Familienangehörige und Freunde betroffen, berichtet der Buchhändler Resai. Ein Bruder sei von „Mitgliedern des zentralen Informationsamtes“ mißhandelt, ein Freund entführt worden. Resais Resümee: „Die Handlungen der Verantwortlichen sind derart merkwürdig, daß sie in die Geschichte des Landes aufgenommen werden sollten.“ Thomas Dreger