Hirschfeld-Preis auf Eis gelegt

■ Professor wegen Verteidigung von Päderastie ohne Preis

Für seinen Einsatz gegen anti- homosexuelle Vorurteile in der Kirche sollte am Mittwoch abend der Hannoveraner Professor Helmut Kentler mit dem Magnus- Hirschfeld-Emanzipationspreis belohnt werden. Doch kurz vor Beginn der Preisverleihung kamen Zweifel auf. Bei der Jury des Preises, der von den Schwusos und der Berliner SPD vergeben wird, war per Fax ein Artikel aus der März/April-Ausgabe der Zeitschrift Emma eingegangen. Darin wird der Hochschullehrer angeklagt, päderastische und pädophile Verhältnisse wissenschaftlich schönzureden und zu fördern. Die Jury setzte die Preisverleihung aus. Geehrt wurden lediglich Käte Weiß für ihre langjährige Arbeit in Lesbenprojekten und die ÖTV.

„Uneinigkeit in der Jury“ lautete dem Publikum gegenüber die knappe Begründung für den Rückzieher. Auf Anfrage erklärte Schwuso- und Jury-Mitglied Stephen J. Grunberg, man habe keine Debatte im Rahmen der Preisverleihung riskieren wollen, die „Kentler oder den Preis beschädigt hätte“. Die Jury wolle vor einer Stellungnahme die erhobenen Vorwürfe sorgfältig prüfen. Von diesen sei das Gremium am Mittwoch morgen „holterdipolter überrascht worden“. Jury-Mitglied Ida Schillen (Grüne) sagte jedoch gegenüber der taz, die umstrittene Position Kentlers in „Hinsicht auf Päderastie und Pädophilie“ sei mehreren Juroren bekannt gewesen, jedoch nicht zur Sprache gebracht worden.

Emma hatte den Psychologen Kentler in bezug auf ein Projekt, bei dem jugendliche Stricher und Trebegänger bei Päderasten untergebracht worden waren, wörtlich zitiert: „Mir war klar, daß die drei Männer vor allem darum soviel für ,ihren‘ Jungen taten, weil sie mit ihm ein sexuelles Verhältnis hatten. Sie übten aber keinerlei Zwang auf die Jungen aus, und ich achtete bei meiner Supervision darauf, daß sich die Jungen nicht unter Druck gesetzt fühlten.“ Holger Wicht