Zaire, eine Schatzkammer

Mit Kabilas Siegeszug entgleitet Zaire dem französischen Einflußbereich. Die Rebellen holen US-amerikanische Bergbaukonzerne ins Land  ■ Von François Misser

Liebling, es ist geschafft! Stell den Champagner kalt!“ schrie Willy Mallants vor den Gästen des Karavia-Hotels in Lubumbashi ins Telefon. So feierte der belgische Oberst a. D., selbsternannter „Wirtschafts- und Militärberater“ der zairischen Rebellen, am 16. April den Vertragsabschluß zwischen Laurent Kabilas „Allianz demokratischer Kräfte für die Befreiung von Kongo/Ex-Zaire“ (AFDL) und dem US-Konzern „American Mineral Fields International“ (AMFI) in der südzairischen Bergbaumetropole. Mallants hatte die Kontakte zwischen der US-Firma und den Rebellen hergestellt, die jetzt dazu führen, daß AMFI in den Städten Kolwezi und Kipushi eine Zinkveredelungsfabrik und Minen zur Zink-, Kupfer- und Kobaltausbeutung einrichten darf. Rein zufällig ist Mallants auch Direktor einer eigenen Bergbaufirma, Sozamiki, die nahe Lubutu im Osten Zaires eine 9.480 Quadratkilometer große Goldkonzession besitzt.

Die in Bill Clintons Heimatstadt Hope (Arkansas) beheimatete AMFI hat auch eine im Goldabbau tätige Tochterfirma in Sambia, „Zamgold“, und besitzt im Osten Angolas, nahe der Grenze zur zairischen Provinz West-Kasai, eine 3.700 Quadratkilometer große Diamantenkonzession. Und in Kabilas Kongo/Zaire beschränken sich ihre Gelüste nicht auf Kupfer und das wertvolle Hartmetall Kobalt. Ihr Direktor Jean-Raymond Boulle, ursprünglich aus Mauritius und ehemaliger Mitarbeiter der südafrikanischen De Beers, ist mit Rebellenführer Kabila befreundet und hat ihm mehrmals seinen Lear-Jet zur Verfügung gestellt. Boulles Bruder Max hat eine eigene Firma, „American Diamond Buyers“, die bereits in Kisangani ein Kontor eröffnet hat. Die frische Farbe auf dem Firmenschild war noch nicht trocken, als schon der erste Vertrag über 100.000 Dollar geschlossen wurde.

Auch andere US-amerikanische Firmen verstehen sich mit Kabila bestens. Am Montag dieser Woche ratifizierte Kabilas „Demokratische Republik Kongo“ einen Vertrag, den der schwedische Magnat Adolf Lundin in seiner Funktion als Partner der „Eurocan Consolidated Ventures“ im November 1996 mit der damaligen zairischen Regierung von Premierminister Kengo wa Dondo geschlossen hatte. In dem 1,5-Milliarden-Dollar-Geschäft geht es um die Ausbeutung der Kupfer- und Kobaltmine von Tenke-Fugurume in Shaba, deren Reserven 30mal so groß sind wie die globale Kobalt- Jahresproduktion und die bisher noch niemand ausgebeutet hat. Zu diesem Zweck haben Eurocan und Lundin die „Tenke Fugurume Mining Corporation“ (TFMC) gegründet.

Vergeben: Die größten Kobaltminen der Welt

Die erste Lizenzgebühr von 50 Millionen Dollar für die staatliche zairische Minengesellschaft Gecamines – jetzt faktisch in AFDL- Händen – soll bis zum Wochenende eintreffen; weitere Zahlungstermine für die restlichen 200 Millionen Dollar bis ins Jahr 2003 sind bereits vereinbart. Die Prospektion begann bereits im Januar; mit Aufnahme der Förderung wird im Jahr 2000 gerechnet — innerhalb von zehn Jahren soll sie auf 400.000 Tonnen Kupfer mit Kobaltgehalt im Jahr steigen.

Für Bergbaukonzessionen im Osten Zaires interessiert sich derweil nach Zeitungsberichten aus Uganda auch die ugandische Firma „Caleb International“ – im Besitz von Präsident Musevenis Halbbruder und Armeechef Caleb Akwandwanaho, besser bekannt als Salim Saleh, der bereits mit der südafrikanischen Firma Branch Energy, Teil derselben Holding wie die Söldnerfirma Executive Outcomes, ein Goldprojekt im Nordosten Ugandas betreibt.

Auf politischer Ebene gibt es engste Kontakte zwischen der AFDL und den USA. Kabila steht in enger Verbindung mit Richard Orth, ehemalige Nummer zwei des mit Afrika befaßten Bereiches der US-Militäraufklärung, der kurz vor dem ruandisch unterstützten Beginn der AFDL-Rebellion im Oktober 1996 Militärberater bei der US-Botschaft in Ruanda wurde. Dan Simpson, US-Botschafter in Zaires Hauptstadt Kinshasa, macht kein Geheimnis aus seinem Ziel, die in Zaire aktiven belgischen und französischen Firmen zu schwächen.

Der US-amerikanische Griff nach Zaire macht auch Südafrika Probleme, das sich eigentlich nach dem Ende der Apartheid anschickte, seine ökonomische Macht nach Norden auszudehnen, zum Beispiel durch die Beteiligung südafrikanischer Bergbaufirmen an der von der letzten zairischen Regierung gewünschten Privatisierung der „Gecamines“. Als die US-amerikanische AMFI im Mai 1996, als Mobutu noch Zaire beherrschte, sich zum ersten Mal für die Zinkfabrik von Kipushi interessierte, trat sie noch als Partner der südafrikanischen Bergbaufirma „Anglo-American“ auf. Im jetzt geschlossenen Vertrag zwischen der AMFI und Kabilas Rebellen ist von „Anglo-American“ aber nicht mehr die Rede.

Diamantenverkauf ja – aber ohne Südafrikaner

Vor allem mit der südafrikanischen Diamantenfirma De Beers hat die Rebellenallianz Probleme. AFDL-Wirtschaftsminister Mwanananga Mawampanga, US-ausgebildeter Ökonom, sprach sich kürzlich gegen „Hinterhöfe und Monopole“ aus und meinte damit vor allem das Arrangement, wonach die De Beers-Filiale Britmond die Gesamtproduktion der wichtigsten zairischen Diamantenfirma MIBA im südwestzairischen Mbuji-Mayi abnimmt. Zuvor hatte die AFDL immer gesagt, sie respektiere bestehende Verträge ihres zairischen Vorgängerstaates mit ausländischen Konzernen. Die Rebellen sollen sich nach ihrem Einmarsch in Mbuji-Mayi Anfang April einen Teil der Diamantenproduktion angeeignet haben, und sie verlangen von den Südafrikanern ferner eine zusätzliche Zahlung von zwei Millionen Dollar für bereits abgenommene Diamanten im Wert von drei Millionen Dollar. Der frühere Präsident der MIBA, Jonas Mukamba, wurde nach dem AFDL-Einmarsch nach Goma zitiert und dann nach Lubumbashi gebracht, wo er unter Hausarrest gestellt wurde.

Die MIBA ist für Kabila eine fette Beute: 1996 förderte sie 6,5 Millionen Karat Diamanten – 18 Prozent mehr als 1995. Die aus der Kolonialzeit in Zaire berüchtigte belgische „Union Minière“, deren Tochtergesellschaft Sibeka 20 Prozent der MIBA-Anteile hält, verfolgt den Streit in Mbuji-Mayi aufmerksam und hält auch ein wachsames Auge auf die Lage in Shaba, weil sie dort in die Gecamines-Installationen von Shituru und die Kobaltmine von Kasombo investieren will – die Gecamines war 1973 aus der Verstaatlichung der „Union Minière“-Werte in Shaba hervorgegangen.

Daß es riskant ist, etablierte Interessen zu vergraulen, könnte die AFDL schneller erfahren, als ihr lieb ist. Am 5. Mai verstaatlichte die Rebellenallianz die belgisch- südafrikanische Firma Sizarail, die im Auftrag der maroden staatlichen zairischen Eisenbahngesellschaft SNCZ die noch funktionierenden Bahnlinien im Süden und Osten Zaires betreibt. Der belgische Direktor der Sizarail mußte den Firmenbesitz der zur SNCC umgetauften SNCZ (C für Kongo statt Z für Zaire) überschreiben. Die ausländischen Sizarail-Mitarbeiter wurden von der AFDL-Armee aus den Firmengebäuden in Lubumbashi vertrieben, der Wagenpark und die Kommunikationssysteme der Firma wurden beschlagnahmt und, so berichtet die belgische Presse, an „Freunde“ der Allianz „umverteilt“.

Es gibt dafür politische Gründe: Über Sizarail soll der frühere zairische Premierminister Kengo beträchtliche Summen illegal angeeigneten Geldes gewaschen haben. Aber so verdirbt es sich Kabila weiter mit Südafrika. Die südafrikanische Eisenbahngesellschaft Transnet, Hauptaktionär der Sizarail, droht bereits, Exporte aus Kongo/Zaire zum südafrikanischen Hafen Durban zu blockieren, wenn die AFDL nicht sofort einen Kredit von 22 Millionen Dollar zurückzahlt, der 1994 der zairischen SNCZ gewährt wurde.