■ EU-Gerichtshof: Generalanwalt gegen Frauenquoten
: Hoffen auf den Männergerichtshof

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) ist eine Männergesellschaft. Er besteht aus fünfzehn männlichen Richtern (seit Bestehen des Gerichts gab es dort noch nie eine Richterin). Auch unter den neun Generalanwälten, die die Urteile des Gerichtshofs vorbereiten, ist keine einzige Frau.

Kein Wunder also, könnte man leichthin sagen, daß der Gerichtshof im Herbst 1995 die Bremer Frauenquote gekippt hat. Kein Wunder auch, daß gestern der englische Generalanwalt Francis Jacobs selbst die weniger strenge nordrhein-westfälische Frauenquote für EU-rechtswidrig hielt.

Doch erinnern wir uns: Es war gerade dieser Männergerichtshof, der in den 70er Jahren die Gleichbehandlung von Frauen und Männern überhaupt erst zu einem einklagbaren europäischen Grundrecht gemacht hat. Und in den USA war der Supreme Court nur mit Männern besetzt, als er in seinem Urteil „Roe versus Wade“ die Abtreibungsfreiheit postulierte.

Es besteht also kein Grund, nun fatalistisch das Urteil eines „genetisch determinierten“ Männergremiums abzuwarten. Zwar folgt der EuGH meist den Voten seiner Generalanwälte, doch gerade in weltanschaulich geprägten Fragen ist auch nach dessen Plädoyer noch alles offen. Offen auch für Einflüsse einer öffentlichen Debatte, die nun noch einmal Schwung und Nachdruck gewinnen muß.

Dabei muß klargestellt werden, daß ein Verständnis von Chancengleichheit, das als Frauenförderung gerade mal die Einrichtung von Kinderkrippen zuläßt, völlig anachronistisch ist. Schließlich hat sich in den letzten Jahrzehnten gezeigt, daß mit solchen Maßnahmen die geschlechtsspezifische Teilung der Arbeitsmärkte nicht überwunden werden kann. Diese tendenzielle Spaltung der Arbeitsmärkte wirkt sich aber auf das Arbeitsumfeld, die dort herrschenden Werte wie auch auf Einstellungs- und Beförderungsentscheidungen aus. Die Unterrepräsentation von Frauen (gerade in den Chefetagen und im höheren Dienst) ist deshalb ein Selbstläufer, der nur durch die Einräumung von Gruppenrechten nach dem Muster der Frauenquote gestoppt werden kann.

Gerade einem Gericht von fünfzehn Männern stünde es gut an, den Sachverstand der frauenpolitischen Öffentlichkeit nicht zu ignorieren. Christian Rath