Sozialistische Bürgerrechtspartei für den Osten

Die PDS-Führung steuert auf Modernisierungskurs, aber die Basis rudert nur widerwillig mit. Auf dem Parteitag stehen die „Innere Sicherheit mit links“ und das politische Bezirksamt an  ■ Von Barbara Junge

Die PDS-Führung tut sich schwer, ihre Parteibasis auf einen modernen Linkskurs zu bringen. Während die einen eine Bürgerrechtspartei anvisiert haben und die sozialistischen Grünen für den Osten werden wollen, sind die anderen weit davon entfernt, sich von wertkonservativen Denkstrukturen zu verabschieden. Auf dem Parteitag am Wochenende spielen die Demokratischen SozialistInnen den alten Konflikt am neuen Thema Innere Sicherheit und an der Bezirksgebietsreform durch.

Angesichts erheblicher innerparteilicher Differenzen wird die Innere Sicherheit einen großen Teil der Debatten auf dem Parteitag einnehmen. Ehemalige Bürgerbewegte aus der DDR mußten sich mit ehemaligen Volkspolizisten im Arbeitskreis Inneres zu einer gemeinsamen Position zusammenraufen. Herausgekommen ist ein Leitantrag „Bürgerrechte und öffentliche Sicherheit in Berlin“, dazu liegt ein Antrag „Polizei anders denken – Eckpunkte einer Polizeireform“ vor.

„Auch wenn der Begriff Innere Sicherheit ein Kampfbegriff der Konservativen ist“, begründet Marion Seelig, innenpolitische Sprecherin der PDS im Abgeordnetenhaus, die ordnungspolitische Initiative, „können wir nicht so tun, als wäre das Thema nicht eines der wichtigsten Themen der Stadt“.

Die Fraktion wie auch der Landesvorstand mühen sich, die ordnungspolitische Debatte in eine Bürgerrechtsdebatte umzulenken. Im Antrag heißt es dazu: „Für die PDS hat öffentliche Sicherheit Priorität vor staatlicher Sicherheit.“ Die PDS fordert deshalb den Vorrang von sozialen vor repressiven Maßnahmen, die Abschaffung des Landesamtes für Verfassungsschutz und bezirkliche Präventionsräte.

An der Parteibasis jedoch steht vielerorts die Stimmung auf polizeiliche Sicherheit. „Der Law- and Order-Flügel“, so Seelig, „bemüht eine Ost-Nostalgie, weil es angeblich in der DDR mit der Polizeipräsenz so sicher war.“ Seelig nennt die Debatte deshalb „eine Gratwanderung zwischen dem Bürgerrechtsansatz und obrigkeitsstaatlichem Denken“.

Bei der Debatte um die Bezirksreform befürchtet der Fraktionsvorsitzende der PDS, Harald Wolf, jedoch den eigentlichen Krach mit der Parteibasis. Die Verringerung der Bezirke nach den Senatsplänen lehnt zwar auch der Landesvorstand ab, aber schon das Votum für ein politisches Bezirksamt gilt den BezirkspolitikerInnen im Osten fast als Verrat.

Nach derzeitiger Regelung werden die Bezirksämter je nach Parteienanteil bestückt. Die politische Bildung des Bezirksamtes sieht die Wahl der StadträtInnen nach den Mehrheitsverhältnissen vor. „Vor dem Hintergrund, daß sich das politische Bezirksamt in der Praxis als Lex-PDS auswirkt, wird die Debatte emotional aufgeladen sein“, so Wolf. „Lex-PDS“ meint die Bildung von Koalitionen der anderen Parteien mit dem Ziel, PDS- StadträtInnen zu verhindern.

Auch die Landesvorsitzende Petra Pau sieht in der Debatte um die Bezirksgebietsreform einen Stolperstein für die Glaubwürdigkeit der Partei. „Verfestigte Meinungen aber auch persönliche Ambitionen stehen bei einer rationalen Entscheidung, die sich an einem politischen Gesamtinteresse orientiert, entgegen“, beurteilt die Landesvorsitzende die Stimmung an der Basis. „Ich hoffe aber trotzdem, daß wir dem Ziel einer modernen Partei einen großen Schritt entgegengehen.“

Die Modernisierungsbemühungen der Landesvorsitzenden haben ein klares Ziel: Die Regierungsfähigkeit. Auch der Zwischenbericht über das „reformpolitische Sofortprogramm“, den Pau am Samstag vorlegen wird, zeichnet sich durch einen realpolitischen Tenor aus. „Ein unreflektierter Maximalismus löst kein Problem und wird uns angesichts der offensichtlichen Probleme auch von den WählerInnen zunehmend weniger abgenommen“, buchstabiert sich das im Zwischenbericht.

Wegen des geplanten Aufzugs der rechtsextremen Republikaner am Brandenburger Tor will die PDS ihren Parteitag am Samstag zwischenzeitlich unterbrechen, um gegen die Republikaner zu demonstrieren.Siehe auch Seite 23