Verfassungswidrig, was soll's

■ Niedersachsens Landeshaushalt 1995 wurde für partiell verfassungswidrig erklärt. Keine praktischen Konsequenzen

Hannover (taz) – Was die Bonner SPD-Opposition mit ihrer Verfassungsklage gegen den Bundeshaushalt 96 noch erreichen will, hat die CDU-Opposition im niedersächsischen Landtag bereits geschafft: Das niedersächsische Verfassungsgericht hat gestern den Schröderschen Landeshaushalt 1995 für partiell verfassungswidrig erklärt. Die Ermächtigung, zur Schließung von Haushaltslücken im Jahre 1995 Kredite in Höhe von 3,85 Milliarden Mark aufzunehmen, sei teilweise mit der niedersächsischen Landesverfassung nicht zu vereinbaren, entschied der in Bückeburg ansässige niedersächsische Staatsgerichtshof.

Die Richter billigten zwar Landesregierung und Landtag das Recht zu, unabhängig vom Bund nur für Niedersachsen eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts festzustellen und dann wie im Jahr 1995 mehr neue Schulden zu machen, als an Investitionen im Landeshaushalt vorgesehen sind. Bei einer solchen Überschreitung der verfassungsmäßigen Kreditobergrenze jedoch müsse im Haushalt nachprüfbar dargelegt werden, wie durch die zusätzlichen Kredite die Störung der Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung überwunden oder abgemildert werden solle. Genau dies hatten Landesregierung und Landtag in den Augen der Bückeburger Richter jedoch beim Haushalt 1995 versäumt. In dem Etat wurden außerdem nicht zweckgebundene Mittel, die den niedersächsischen Gemeinden vom Land zuflossen, zu Unrecht als Investitionen deklariert.

Da der Landeshaushalt 1995 längst abgeschlossen ist, hat das Urteil keine praktischen Konsequenzen. Es setzt allenfalls Maßstäbe für die Aufstellung künftiger Landesetats. Der Chef der Landes- CDU, Wulff, der die Klage in Bückeburg angestrengt hatte, sprach dennoch vollmundig von einer „historischen Entscheidung für unser Land“. Jürgen Voges