Abschiebung ausgesetzt

■ Kurdischer Jugendlicher sollte heute abgeschoben werden

Die für heute angesetzte Abschiebung eines sechzehnjährigen Kurden wurde gestern kurzfristig ausgesetzt. Der Junge sollte trotz einer noch nicht entschiedenen Petition zwangsweise in die Türkei gebracht werden. Der bündnisgrüne Abgeordnete Riza Baran hatte bei der Innenverwaltung den guten Berliner Brauch, während der Laufzeit von Petitionen nicht abzuschieben, angemahnt.

Im Juni 1995 war der damals vierzehnjährige Junge E. aus einem vom Auswärtigen Amt anerkannten Notstandsgebiet nach Berlin geflüchtet. Sein Vormund vom Treptower Jugendamt beantragte für ihn Asyl. Nachdem der Antrag abgelehnt worden war, klagte der Vormund dagegen – anders als bei zahlreichen Landsleuten von E., denen er die Klage verweigerte. Das Verwaltungsgericht beauftragte E. über seinen Vormund, seinen Fluchtweg zu dokumentieren. Dem kam der Junge nicht nach.

„E. hat das fahrlässig versäumt“, bedauert Ralf Fischer, der den Jungen seit wenigen Tagen als Anwalt vertritt. Aber sein Vormund hatte E. in dieser Phase des Asylverfahrens nicht ausreichend betreut, was äußerst nachteilige Folgen hatte. Vor einigen Wochen stellte das Verwaltungsgericht das Asylverfahren ein. E. lebt seither ohne Aufenthaltsrecht in Deutschland.

Am 25. Juli kam er in den Abschiebegewahrsam nach Grünau. Der Anwalt meint, eine Klage des Jungen wäre nicht chancenlos gewesen. „Sein volljähriger Bruder genießt wegen politischer Verfolgung Abschiebeschutz.“

Auch das Treptower Jugendamt, das die Vormundschaften für Berliner Flüchtlingskinder wahrnimmt, war mit dieser Situation offenbar noch nicht konfrontiert. Anwalt Fischer: „Ich hatte den Eindruck, der neue Vormund meines Mandanten war ehrlich erschrocken, daß ein Kurde abgeschoben werden soll. Die Frau hat sich für die Aussetzung der Abschiebung eingesetzt.“

In letzter Zeit hatten die Vormünder auch bei Kurden aufenthaltslegalisierende Schritte verweigert. Heute entscheidet der Haftrichter, ob der Junge bis zur Klärung den Grünauer Knast verlassen darf. Marina Mai