„Wer es nicht mag, kann ja umschalten“

■ Die Produzenten des „Ekel-TV“ im Offenen Kanal sind Redskins und wehren sich gegen den Vorwurf des Rechtsradikalismus. Geschmacklosigkeiten finden sie okay

Ian Beer (28) und Kamerafrau B. (25) filmten den Saufexzeß von fünf Skinheads, dessen Ausstrahlung im Offenen Kanal für heftige Diskussionen sorgte. Beer ist im Video beim „Schwanzvergleich“ mit seinen Kumpels zu sehen.

taz: Wolltet ihr mit dem Video die alltäglichen Alkoholexzesse persiflieren?

Ian Beer: Es wäre verlogen, jetzt diesen Anspruch zu basteln. Eigentlich ging es nur ums Besaufen. Ursprünglich haben wir das für einen Freund gemacht, der sehen wollte, wie es ist, wenn man sich vor der Kamera besäuft.

Kamerafrau: Ohne Konzept und ohne Plan ...

Beer: ... zur persönlichen Belustigung. Daß das als geschmacklos empfunden wird, ist völlig o.k.

Warum mußtet ihr das im Fernsehen senden?

Beer: Wenn man beim Offenen Kanal Geräte ausleiht, muß man auch senden. Sonst kriegt man beim nächsten Mal keine Geräte mehr. Außerdem ist das lustig für unsere Kumpels. Eventuell gibt es dann noch die Schockwirkung, falls das nach einer religiösen Sendung läuft.

Warum wolltet ihr das dann auch noch wiederholen?

Beer: Uns gefällt es ja, wir sind richtig stolz, wenn andere das als eklig empfinden. Überrascht waren wir nur über die politische Reaktion, daß wir plötzlich als rechtsradikal eingestuft wurden.

Kamerafrau: Was mir durch Mark und Bein ging, waren die vielen Anrufer, die uns nach einem Artikel in der B.Z. plötzlich als Nazi-Schweine beschimpfen. Ich hab Angst, daß wir demnächst im Antifa-Info als die Bösen auftauchen. Dabei kann, wer das ganze Video sieht, uns eigentlich nicht für Nazis halten. Auf die Musik, die bei der Tanzszene lief, haben wir nicht geachtet. Die Textzeile mit den „Kämpfern für den neuen Nazistaat“ ist aus einem Song der linksradikalen Punkband Tarnfarbe. Wer das Lied kennt, weiß, daß die eigentlich gegen den „Bullenstaat“ singen.

Beer: Wir waren zu unbedarft. Mit solchen Reaktionen hat keiner gerechnet. Beim nächsten Mal müssen wir darauf achten, daß uns dieser Vorwurf nicht mehr gemacht werden kann.

Wo ordnet ihr euch politisch ein?

Beer: Der Schwerpunkt ist eindeutig links. Wenn man uns als Redskins bezeichnet, können wir damit leben.

Kamerafrau: Deshalb läuft im Video auch die ganze Zeit linke Punkmusik. Beim Offenen Kanal kennen sie uns, weil wir regelmäßig Radiosendungen mit solcher Musik machen. Die haben uns sogar zur IFA eingeladen. Da haben wir eine Live-Sendung gemacht.

Du hast hinter der Kamera gestanden. Hat dich dieser typisch männliche Saufexzeß nicht angeekelt?

Kamerafrau: Ich kenn' das ja von anderen Feiern. Auch wenn es ohne Kamera nicht so ausartet. Teilweise konnte ich es auch nicht aushalten und hab' weggeguckt, bis es vorbei war. Aber gestört hat es mich eigentlich nicht.

Wegen eurer Sendung ist der Offene Kanal wieder in die Kritik geraten.

Beer: Das OK-Programm ist breit gefächert, da ist für jede Gruppierung Platz. Wenn wir da zweimal im Jahr senden, steigert das höchstens die Vielfalt. Da läuft soviel Schrott, daß unserer ganz gut dazu paßt. Unbeteiligten mit einem gewissen Humor wird's gefallen. Der Rest kann ja umschalten. Außerdem ist auch schlechte Werbung für den Offenen Kanal gut. Wenn er in der Diskussion ist, gucken mehr Leute zu. Und vielleicht wird jemand angeregt, eigene Filme zu drehen, um damit die Spinner zu verdrängen. Es laufen auch viele gute Sendungen im Offenen Kanal, aber keinen interessiert's. Nur wenn das rechtsradikale „Radio Germania“ sendet, regen sich alle auf.

Ihr zelebriert öffentlich euer Delirium. Ist das nicht peinlich?

Beer: Das ist unsere Art zu feiern. Deshalb werden wir ein zweites Video drehen, an einem anderen Ort und mit einem anderen Getränk. Es hat irre Spaß gemacht, uns als prolliges und pöbliges Gesocks zu verkaufen. Interview: Gereon Asmuth