Bill Gates hätte es schwer

■ Immer noch tun sich die meisten Banken bei der Kreditvergabe an GründerInnen schwer. Experten fordern Risikokapital und andere Wirtschaftsförderung

Stolz verkündet die Berliner Volksbank, daß ihr Marktanteil bei der Vergabe von Krediten an ExistenzgründerInnen stark angewachsen ist. Die Abteilung „Langfristige Finanzierungen und Service“ arbeitet mit fünfzehn MitarbeiterInnen inzwischen für die Gründerberatung. Vor allem auf kofinanzierte Kredite gemeinsam mit der Deutschen Ausgleichsbank und der Kreditanstalt für Wiederaufbau hat sich die Bank spezialisiert. Elmer Staudt, Leiter der Abteilung, spricht von der Volksbankphilosophie, vor allem auch kleineren Projekten Kredite einzuräumen. „Wir haben auch schon achttausend Mark vergeben, unter fünfzigtausend Mark liegt häufig der Kreditrahmen. Wir erwarten natürlich, daß diese Unternehmen wachsen.“

Je kleiner der Kredit, um so länger die Prüfung

Doch diesem positiven Beispiel steht vielfältige Kritik von ExistenzgründerInnen an der Kreditpolitik der Banken gegenüber, ob Deutsche Bank, Dresdner Bank oder Berliner Sparkasse. „Wenn du um einen Kredit von dreißigtausend Mark verhandelst, fragen sie dich, ob du nicht hunderttausend willst, noch heute sozusagen. Aber wenn du bei deiner Summe bleibst, fängt eine endlose Prüfung an“, äußerten sich mehrere GründerInnen gegenüber der taz.

„Welche Experten holen sich die Banken denn zur Kreditprüfung, wenn du mit einem Unternehmenskonzept kommst?“ lautet ein anderer schwerer Vorwurf: „Natürlich diejenigen, die in der gleichen Branche schon im Geschäft sind. Diese Experten werden den Bankvertretern doch nicht sagen, daß dein Konzept prima ist. Denn damit würden sie ja ihre eigene Konkurrenz fördern.“

Zusätzlich zu den individuellen Schwierigkeiten bei der Kreditvergabe schließt das Bankenrecht die Vergabe von Risikokapital aus. Herbe Kritik äußern selbst Bankexperten wie Wilhelm Hankel von der Uni Frankfurt: „Die deutschen Universalbanken haben Deutschland zwar als Industrienation entwickelt, sie selber aber sind im 19. Jahrhundert stehengeblieben.“ Am liebsten wären Hankel amerikanische Bankverhältnisse, ein „Volkskapitalismus à la USA“.

Risikokapitalbörse nötig

Kredite müßten in Deutschland viel zu schnell zurückgezahlt werden, doch junge Investitionen könnten diese Belastung nicht tragen. „Das Fehlen einer Risikokapitalbörse für junge, dynamische und wagnisbereite Unternehmer ist seit Jahrzehnten das deutsche Problem“, so Hankel.

Doch auch Risikokapitalgesellschaften wie die Münchener Techno Venture Management (TVM) haben mit den wirklich kleinen Unternehmensgründungen nichts am Hut. Denn auch die deutschen TVM-Berater, die mittlerweile 500 Millionen Mark Anlegerkapital verwalten, lassen erst mit sich reden, wenn die Beteiligung bei mehr als 200.000 Mark liegt.

Auch Marlene Kück, Vorstandsmitglied der Bank für kleine und mittlere Unternehmen (BkmU), übt scharfe Kritik an der Förderpolitik: „Eine einfache Lösung, um das nötige Eigenkapital zu schaffen, wäre, wenn die gesamte Wirtschaftsförderung auf eine Eigenkapitalförderung umgestellt wird und man auf die unnützen Kreditprogramme, die bei der Wirtschaftsförderung im Vordergrund stehen, konsequent verzichtet.“

Marlene Kück macht eine zu geringe Eigenkapitalausstattung für viele gescheiterte Existenzgründungen verantwortlich. Wenn Eigenkapital fehlt, müßten sich die GründerInnen verschulden.

Die Ergebnisse sind dann in vielen Fällen absehbar. Die fälligen „Zins- und Tilgungslasten waren für die Unternehmen – vor allem im Hinblick auf die rückläufige Konjunkturentwicklung und den damit verbundenen Umsatzeinbrüchen – zu groß“, analysiert Marlene Kück die Gründe für einige Pleiten bei der Kreditvergabe ihrer Bank.

Ganz im Gegensatz zur Volksbank hält die BkmU-Vorständlerin die vielen GründerInnen, die nur über fünfzigtausend Mark oder weniger verfügen, „in der Regel nicht für überlebensfähig“.

Die Betriebsgröße sei zu klein und würde vom Markt nicht angenommen. Mindestens 250.000 Mark Anfangskapital seien notwendig, damit auch die entsprechende Werbung und die Teilnahme an Ausstellungen finanzierbar sei, sonst kämen die „Gründer nicht vom Fleck“.

Frauen hält Marlene Kück im Gründergeschäft weiter für benachteiligt, was auch die Feminisierung der Wirtschaft begrenze. Grund seien „geringere Fachqualifikationen und Erfahrungen zur Ausübung des Unternehmensgegenstandes“. Ursache hierfür wären „typische weibliche Biographien, die in der Regel nicht auf eine Tätigkeit als Unternehmerin vorbereiten. So sind Frauen heutzutage immer noch viel eher im sozialen und pädagogischen Bereich qualifiziert als in ökonomischen Sektoren.“ Peter Sennekamp