■ Mit Stoffströmen auf du und du
: Zurück zum Ursprung

Berlin (taz) – Das Motto der Umweltpolitik lautet immer noch: Entscheidend ist, was hinten rauskommt. Ob Kohlendioxid aus dem Kamin oder Auspuffrohr, chemische Substanzen oder Abfall aus der Fabrik – die meiste Aufmerksamkeit richtet sich auf das Ende des Produktionsprozesses. Doch was hinten rauskommt, hängt eng mit dem zusammen, was vorne reingeht: Über 70 Tonnen natürliche Ressourcen verbraucht der durchschnittliche Bundesbürger jährlich.

Bislang ist die Volkswirtschaft wie eine Black box, in der eine Unmenge von Stoffen bewegt wird. Licht in das Dunkel dieser Stoffströme zu bringen halten immer mehr Fachleute für den entscheidenden Ansatzpunkt zu einer nachhaltig umweltgerechten Entwicklung. Selbst die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) geht davon aus, daß die Industrieländer die Materialintensität ihres Wirtschaftens langfristig um den Faktor Zehn reduzieren müssen. Andernfalls käme es zum globalen Umweltkollaps. Die Bundesrepublik dürfte also jährlich nur noch sieben Tonnen natürliche Ressourcen pro Person in Anspruch nehmen.

Die meisten Stoffströme in den Industrieländern sind nicht erfaßt, weil sie nicht als Waren gehandelt und mit Geld bewertet werden. In der volkswirtschaftlichen Statistik tauchen sie deshalb gar nicht auf. Dazu gehören zum Beispiel der Abraum aus dem Bergbau oder die Erdverschiebungen beim Straßenbau. Diese versteckten Stoffströme haben in Deutschland einen Anteil am gesamten Materialverbrauch von rund 70 Prozent.

Stoffflußanalysen gibt es mittlerweile in zahlreichen Ländern, vor allem in Europa sowie in Japan. Das niederländische Umweltministerium verfolgte die Wege von Chlor, Quecksilber und Kadmium durch den Produktionsprozeß und lieferte so eine handfeste Grundlage für die Diskussion zwischen Umweltverbänden und Industrie.

Unterstützt vom Umwelt- und Klima-Programm der EU- Kommission, läuft derzeit eine konzertierte Aktion zur Abstimmung regionaler und nationaler Stoffflußanalysen, an der 92 Institutionen aus 20 Ländern beteiligt sind. Das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie hat die Koordination übernommen. Johannes Bernreuter