Frieden herrscht in Brazzaville

■ Der neue Machthaber Denis Sassou-Nguesso verspricht in Kongo-Brazzaville eine "mehrmonatige Übergangszeit" bis hin zu neuen Wahlen. USA kritisieren Angolas Eingreifen

Berlin (taz) – Brazzaville, Hauptstadt der Republik Kongo, bot gestern ein ungewohntes Schauspiel. Statt Artillerieduellen hochgerüsteter Milizen gab es Friedenskundgebungen. Zu Hunderten schwenkten junge Männer, die wohl bis vor kurzem noch mit Gewehren herumliefen, weiße Fahnen.

In seiner ersten öffentlichen Stellungnahme erklärte Bürgerkriegssieger Denis Sassou- Nguesso, der frühere Militärdiktator von Kongo-Brazzaville: „Der Krieg ist vorbei.“ Am Mittwoch hatten seine Milizionäre, unterstützt von der Armee des südlichen Nachbarstaates Angola, die Kontrolle über ganz Brazzaville sowie über die ökonomisch wichtige Hafenstadt Pointe-Noire erlangt. „Wir kontrollieren das gesamte Land“, erklärte am Mttwoch abend Sassou-Nguessos Sprecher Jean-Marie Tassoua. Am Freitag werde sich der neue Machthaber in einer Rede an die Bevölkerung wenden. Es werde eine Regierung der nationalen Einheit und eine „mehrmonatige Übergangszeit“ bis hin zu Wahlen geben.

Der gestürzte Expräsident Pascal Lissouba behauptete derweil in Telefoninterviews, immer noch Präsident zu sein und sich in der Stadt Dolisie im Süden seines Landes aufzuhalten. Beide Behauptungen sind fragwürdig. Lissoubas Premierminister Bernard Kolelas hat sich bereits über den Kongo- Fluß nach Kinshasa abgesetzt, Hauptstadt der benachbarten Demokratischen Republik Kongo.

Angesichts des Sieges von Sassou-Nguesso sieht die UNO eine Militärintervention nunmehr nicht mehr als nötig an. UN-Sprecher Fred Eckhart sagte, man brauche keine Friedenstruppe zu schicken, wenn der Krieg bereits vorbei sei. Der UN-Sicherheitsrat forderte sicherheitshalber in einer Erklärung die „sofortige und vollständige Einstellung der Feindseligkeiten“ und äußerte sich besorgt über die „ausländischen Militärinterventionen“. Truppen aus Kinshasa waren letzte Woche zugunsten Lissoubas nach Brazzaville geschickt worden; der Einmarsch der angolanischen Armee verhalf in den letzten Tagen Sassou-Nguesso zum Sieg. US- Sprecher James Rubin kritisierte die Einmischung Angolas: „Wir würden es vorziehen, wenn die angolanische Regierung ihre Zeit und Energie darauf verwendet, Friedensabkommen bei sich selber durchzusetzen statt in anderen Ländern.“

Etwas unsicher scheint die Lage noch im kongolesischen Ölhafen Pointe-Noire zu sein, der von angolanischen Soldaten beherrscht wird. Die französische Ölfirma Elf, die zwei Drittel der kongolesischen Ölproduktion leistet und damit die Hälfte des kongolesischen Staatshaushaltes finanziert, schloß gestern vorübergehend den Ölterminal Djeno. Unter Berufung auf Ölexperten berichtete die Nachrichtenagentur AFP, Elf habe möglicherweise Sassou-Nguessos Krieg mitfinanziert, um seine langfristigen Interessen im Kongo zu sichern. D. J.