Komplott für den Frieden in Kolumbien

■ Präsident Samper ist wütend über einen neuen Friedensplan – weil er nicht von ihm ist. Autor Garcia Márquez unterstützt die Initiative

Berlin (taz) – Bislang krebst der Kandidat in Umfragen bei ein bis zwei Prozent herum. Dabei will Juan Manuel Santos im kommenden Jahr zum Präsidenten Kolumbiens gewählt werden. Und dafür tut er einiges: Jetzt macht Santos mit einer Friedensinitiative von sich reden, die den zähen Kampf zwischen Guerillas, Paramilitärs und Armee in Kolumbien beenden soll.

Für sein großes Vorhaben hat der rührige Liberale auch schon wichtige Verbündete gefunden. Drei Expräsidenten Kolumbiens unterstützen den Vorstoß ebenso wie der Literaturnobelpreisträger Gabriel Garcia Márquez. Gemeinsam mit dem Schriftsteller stellte Santos am Dienstag in Madrid auch dem ehemaligen spanischen Ministerpräsidenten Felipe González seinen Plan vor und bat ihn um Unterstützung. González sei „lebhaft interessiert“ gewesen, verkündeten die beiden Kolumbianer nach dem zweistündigen Treffen.

Im eigenen Land trifft Juan Manuel Santos mit seinen Ideen nicht nur auf Begeisterung. Präsident Ernesto Samper jedenfalls ist stinksauer: Die Initiative sei „eine Konspiration und ein Komplott“ gegen ihn, mit dem Santos lediglich seine Wahlchancen verbessern wolle. Samper hat allen Grund zur Empörung: Immerhin hatte Santos als erste Bedingung für den Beginn von Friedensverhandlungen den Rücktritt des Präsidenten gefordert.

Damit macht er sich eine Forderung zu eigen, die die größte kolumbianische Guerillabewegung, die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC), schon seit Jahren erheben. Für sie ist die derzeitige Regierung kein legitimer Verhandlungspartner.

Und noch eine zweite Idee der Guerilla will Santos umsetzen: Ihm schwebt die Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung vor, die unter Mitsprache der Konfliktparteien die Struktur des Staates umkrempeln soll. Die Guerilleros der FARC forderten letzte Woche den befristeten Abzug der Armee aus fünf Gemeinden, um dort ungestört Gespräche über die Ziele einer solchen Änderung führen zu können.

Santos hat nach eigenen Angaben in den vergangenen Wochen mit Vertretern verschiedener Guerillabewegungen über seinen Plan gesprochen, ebenso mit Führern der rechtsgerichteten paramilitärischen Einheiten. Bei allen sei er mit seinem Vorstoß auf offene Ohren gestoßen, sagt er. Auch die Kirche, Gewerkschaften und Unternehmer habe er für seine Idee begeistern können.

Der Friedensvorschlag sei hinter dem Rücken von Regierung, Armee und Kongreß zustande gekommen, schimpft unterdessen Präsident Samper. Weil sich Santos und seine Mitstreiter die Forderungen der Guerilla zu eigen machten, „handelt es sich weniger um eine Initiative des Friedens als vielmehr um eine Initiative des Kriegs gegen den Staat“. Frieden sei immer noch Chefsache, basta.

Aber die bisherigen Friedensbemühungen des Präsidenten selbst haben das Land nicht einen Schritt vorangebracht. Im Gegenteil: Im Sommer startete die Guerilla eine Serie von Anschlägen und Überfällen, um die Kommunalwahlen am 26. Oktober zu boykottieren. Die Armee reagierte mit einer Gegenoffensive.

Die Vorwürfe von Präsident Samper, er betreibe ein Komplott, weist Santos vehement zurück: „Es geht nicht um kurzfristige politische Effekte, sondern um die einzig mögliche Formel, das Blutbad zu beenden.“ So sieht es auch Gabriel Garcia Márquez, ein ehemals guter Freund von Präsident Samper: „Man muß jetzt schnell handeln, denn dem Präsidenten gleitet das Land aus der Hand.“ Peter Schumacher