Pochen auf die Jugendarbeit

■ Diskussion über die Zukunft des geschlossenen Jugendzentrums Q-free: Die möglichen Konzepte reichen vom multikulturellen Kino bis zu Angeboten des Al-Huleh-Wohltätigkeitsvereins

„Mit unserer bisherigen Jugendsozialarbeit sind wir hier im Wrangelkiez gescheitert.“ Mit diesem Eingeständnis eröffnete die bündisgrüne Jugendstadträtin Hannelore May am Mittwoch abend die Veranstaltung im Jugendzentrum Chip in der Reichenberger Straße. Eingeladen hatten sie und der Jugendhilfeausschuß (JHA), um die Zukunftsperspektiven für das geschlossene Jugendzentrum Q-free zu diskutieren. Der Jugendclub in der Cuvrystraße war im September bereits das zweite Mal vom Bezirksamt dichtgemacht worden, nachdem das Inventar von Jugendlichen zertrümmert und ein Praktikant krankenhausreif geschlagen worden war. Fest steht, daß eine Zukunft des Q-free als offenenes Jugendhaus nicht mehr zur Debatte steht.

Nichtsdestotrotz pochte das nach der Schließung gegründete Kreuzberger Projekteplenum am Mittwoch auf die Notwendigkeit von Kinder- und Jugendarbeit im Wrangelkiez. Die Situation vor allem der nichtdeutschen Jugendlichen habe sich, wie Annette Schill anmahnte, seit Anfang der neunziger Jahre verschärft, der Bezirk werde immer mehr zum Ghetto, die Integration sei gescheitert.

Die vorgestellten Konzepte bezogen sich aber nicht ausschließlich auf Jugendliche. Ein Bewerber für das alte Q-free ist der Wohltätigkeitsverein Al-Huleh. Der Verein operiert bisher in der Neuköllner Okerstraße und bietet Computerkurse, Beratung bei Behördengängen und Weiterbildungsseminare vor allem für Familien aus dem arabischen Raum an.

Favorisiert wurde ein Nachbarschaftshaus in der Cuvrystraße. Dies soll von einem Trägerverein, gebildet aus verschiedenen Projekten und bereits im Kiez verankerten Gruppen, wie der Familienberatungsstelle Wohnen und Leben e.V. und dem Mieterverein SO36, betrieben werden. Darüber hinaus stünden die Räume auch gelegentlichen Nutzern zur Verfügung. Ein Vertreter von Al-Huleh kritisierte an den Plänen, daß bei einer Entscheidung für das Nachbarschaftshaus die arabischen Jugendlichen Kreuzbergs wieder einmal nicht berücksichtigt würden.

Im Anschluß stellte Stefan Greh, Mitarbeiter des Jugendzentrums Alte Feuerwache, den dritten Nutzungsentwurf vor. Seiner Meinung nach erinnere das Q-free an eine Vordiplomarbeit in Architektur und sollte deshalb abgerissen werden. Er plädiert für die Übertragung des Geländes an einen privaten Investor. An der Stelle des alten Q-free solle ein kommerzielles interkulturelles Kino errichtet werden, ein Café und Büros, die Kinder- und Jugendprojekten teilweise mietfrei zur Verfügung stehen sollen. Dazu plant Greh Wohngemeinschaften für Jugendliche, Musikübungsräume und Sportangebote. Das gutgemeinte Konzept wurde wegen seiner spritzigen Präsentation mit einem Lächeln quittiert, wird wohl nicht als Alternative im JHA diskutiert werden.

Stadträtin May resümierte am Ende der Veranstaltung, daß es selbst für das Konzept eines Nachbarschaftshauses ein übergeordnete Koordination geben müsse. Die Entscheidung des JHA wird Anfang Dezember erwartet, damit im Januar die Pläne in Angriff genommen werden können. So drängelte denn auch ein Gast: „Der Kiez kann nicht warten. Morgen müssen wir anfangen.“ Kirsten Küppers