Plünderungen in Freetown

■ Ecomog-Truppen planen Sturz von Sierra Leones Junta in „den nächsten drei Tagen“

Freetown (dpa) – Nigerianische Ecomog-Interventionstruppen sind gestern weiter zum Zentrum von Freetown vorgedrungen, während Jugendbanden und Junta- Soldaten plündernd und mordend durch die Hauptstadt Sierra Leones zogen. Der Kommandeur der Ecomog-Truppe kündigte den Sturz der Militärjunta „innerhalb der nächsten drei Tage“ an.

Nach Berichten von Helfern kirchlicher Organisationen ist die Gesundheitsversorgung zusammengebrochen. Wasser und Nahrungsmittel sind kaum zu bekommen. Banden und Uniformierte hätten abwechselnd mehrmals die katholische Kathedrale überfallen. Kirchenmitarbeiter und Flüchtlinge, die in dem Gotteshaus Schutz suchten, wurden ausgeraubt. Zehntausende Zivilisten flohen aus Freetown. Die große Mehrzahl der über eine halbe Million Einwohner sitze jedoch in der Falle, sagten Nothelfer. Über die Zahl der Todesopfer der seit einer Woche anhaltenden Kämpfe gibt es nur Schätzungen, die von Dutzenden bis Hunderten ausgehen.

Nigeria kündigte für nächsten Dienstag eine Gipfelkonferenz der 16 Mitgliedsstaaten der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft an, in deren Auftrag die Ecomog-Truppe handelt. Offiziell soll es bei dem Treffen in Nigerias Hauptstadt Abuja um Wirtschaftsfragen gehen; die Lage in Freetown werde aber sicher nicht ausgeklammert, sagten Diplomaten.

Die sierraleonische Militärjunta hatte im Mai 1997 die demokratisch gewählte Regierung von Präsident Ahmad Tejan Kabbah gestürzt. Unter dem Druck eines internationalen Handelsembargos und militärischer Drohungen hatte sie die Rückgabe der Macht für April zugesagt, war jedoch später wieder davon abgerückt.