Leichtes Spiel

■ Bundeswehr: Es gibt eine gezielte Strategie rechtsradikaler Unterwanderung

Die Befragungen durch den Bundeswehr- Untersuchungsausschuß haben bislang keine Hinweise dafür geliefert, daß einer der als Zeugen vernommenen Offiziere ein verkappter Rechtsradikaler ist. Gleichzeitig lassen die Vernehmungen allerdings darauf schließen, daß es eine gezielte Strategie von Rechtsradikalen zur Aufnahme guter Beziehungen mit der Führungsakademie gegeben hat. Roeder mußte dafür nicht mehr tun, als seinen geistigen Hintergrund zu verschleiern. Die Verhältnisse haben ihm sein Spiel erleichtert. Die Brandmauern waren nicht hoch genug.

Wer bei der Bundeswehr seinem Vorgesetzten über einen Vorfall Meldung erstattet, läuft Gefahr, als Denunziant zu gelten und andere mit ins Verderben zu reißen. Darüber hinaus muß er für sich selbst berufliche Nachteile fürchten. Mehrere Zeugen haben das eindrucksvoll geschildert. Allerdings nahm die Bereitschaft, über die eigene Angst zu sprechen, proportional zur Höhe des Dienstgrads deutlich ab. Je weiter einer aufgestiegen ist, desto eher scheint schon das Eingeständnis derartiger Probleme einen ungeschriebenen Kodex zu verletzen.

Das ist kein Naturgesetz, basierend auf dem natürlichen Verhalten einer Gruppe, sich und ihre Mitglieder zu schützen. Das ist politische Strategie. In jüngster Zeit haben kritische Äußerungen selbst Generäle die Karriere gekostet. Und Zeugen, die Vorfälle mit rechtsradikalem Hintergrund bei der Bundeswehr gemeldet haben, wurden als Lügner diffamiert. Ruhe scheint wieder die erste Soldatenpflicht zu sein. Dazu paßt es, daß mehrere Zeugen nicht etwa in dem Roeder-Vortrag das eigentliche Problem sehen, sondern in der Presseberichterstattung darüber.

Diese Entwicklung begünstigt die gezielte Unterwanderung der Streitkräfte durch gewalttätige Rechtsradikale. Diese Gefahr kann gar nicht überschätzt werden. Seit Bestehen der Bundeswehr gab es immer wieder Anlaß, dort einen Abwehrkampf gegen Rechtsextremismus zu führen. Dennoch sind selbst Offiziere, zu deren Aufgabenbereich die politische Weiterbildung anderer Soldaten gehört, mit dem Thema dienstlich niemals konfrontiert worden. Dieser Mangel in Verbindung mit einer falsch verstandenen Solidarität des Schweigens läßt es fast unausweichlich erscheinen, daß es irgendwann zu einem Skandal wie dem Roeder-Vortrag kommen mußte. Bettina Gaus

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