„Wahlen sind kein Blankoscheck“

■ Der ehemalige Premierminister Jean-Paul Ngoupandé plädiert für einen Zusammenschluß aller oppositionellen Kräfte im Land

taz: Nach zwei Jahren Krise ist jetzt die Entsendung einer UNO- Truppe in die Zentralafrikanische Republik im Gespräch. Wird dies helfen, jenseits der nationalen Versöhnung das Land wiederaufzubauen?

Ngoupandé: Damit die UNO- Initiative etwas bringt, müssen wir aus früheren internationalen Initiativen lernen. Die letzte afrikanische Vermittlung beging den Fehler, daß sie nicht wachsam genug war und in die Falle der Manipulation des Präsidenten Patassé tappte. Am Schluß waren Patassés Gegner entwaffnet, aber er rüstete auf und verdoppelte seine Präsidialgarde. Seither haben seine Gegner kein Vertrauen mehr gehabt. Eine neue auswärtige Vermittlung muß stark und neutral sein.

Vertrauen Sie der UNO?

Wir warten ab. Der beste Weg, einen neuen Bürgerkrieg zu verhindern, ist, daß die Zentralafrikaner selbst die führende Rolle ergreifen. Bisher hat Patassé jedesmal die ausgehandelten Vereinbarungen gebrochen. Wir Zentralafrikaner müssen genug Gewicht in die Waagschale legen, um nicht erneut hintergangen zu werden.

Und wie will sich die Opposition im Lande bemerkbar machen?

Dadurch, daß alle, die keine Diktatur wollen, sich zusammenschließen. Was vom Ausland zumeist übersehen wird, ist die dramatische Verschlechterung der Lebensbedingungen. Die Gehälter im Staatsdienst sind neun Monate im Verzug. Sogar diejenigen, die 1993 für Patassé stimmten, sind enttäuscht. Man muß aus dieser starken Enttäuschung eine Einheit bauen, die stark genug ist, damit Patassé sich entweder den vom Volk unterstützten internationalen Forderungen beugt oder abtritt.

Nun wurde Patassé immerhin einmal vom Volk gewählt.

Die tribale Arithmetik, die bei einer demokratischen Wahl den Sieg herbeiführt, reicht nicht, einen Dinosaurier der Bokassa-Ära in einen Demokraten zu verwandeln. Die Lehre der zentralafrikanischen Krise ist, daß eine demokratische Wahl ein unverzichtbarer Ausgangspunkt ist, aber allein nicht reicht. Demokratisch gewählt zu sein ist kein Blankoscheck. Man kann nicht einfach machen, was man will, das Volk aushungern, spalten und in den Bürgerkrieg treiben.

Haben Sie politische Unterstützung aus Frankreich?

Wir erwarten von allen unseren Freunden Unterstützung für die demokratischen Kräfte in unserem Land – von Frankreich und auch von Deutschland.

Könnten Sie sich einen bewaffneten Kampf vorstellen?

Das zentralafrikanische Volk ist sehr friedlich. Aber man sollte es nicht in die Enge treiben. Interview: Pierre-Olivier Richard