■ Vorlauf
: Kinderkompatibel

„Mit Brundibár in Israel“, 14.30 Uhr, Kinderkanal

Was es mit „Brundibár“ auf sich hat, wissen selbst viele Erwachsene nicht. Schon deswegen wäre es auch für die altersmäßige Nicht- Zielgruppe angebracht, heute mal einen Ausflug in den Kinderkanal zu machen. Dort erzählt die zwölfjährige Sophia in einer für Kinder hergerichteten Dokumentation von der Kinderoper dieses Namens, ihrer besonderen Geschichte und was sie und 85 Kinder der Schweriner Musikschule erlebten, nachdem sie sie vergangenes Jahr aufgeführt hatten.

Das musikalisch ziemlich schwierige Singspiel handelt von dem Leierkastenmann Brundibár, der das Musik-Monopol auf dem Marktplatz für sich beansprucht. Als Anninka und Pepiczek dort singen wollen, weil sie Geld brauchen, um Milch zu kaufen, vertreibt er sie brutal. Aber Hund, Katze und Spatz mobilisieren ganz viele Kinder, und alle gemeinsam schlagen dann den Brundibár in die Flucht. Was sich anhört wie eine 68er-Message, wurde in den Zeiten von Nazi-Diktatur, Judenverfolgung und Holocaust geschrieben und von Kindern eines jüdischen Waisenhauses 1942 in der Nähe von Prag uraufgeführt. Mit den Kindern, die damals massenhaft besonders nach Theresienstadt deportiert wurden, kam „Brundibár“ ins KZ, wurde dort heimlich geprobt und gespielt – ein Akt der inneren Selbsterhaltung und des Widerstands. Und für die Nazi-Schergen der Vorwand, unzählige Kinder nach Auschwitz zu schicken. Nur 150 überlebten.

Einige von ihnen, die in Israel eine neue Heimat fanden, entschlossen sich, die Kinder aus Schwerin mit ihrer „Brundibár“- Aufführung einzuladen. Die Filmemacherin Heike Mundzeck begleitete dieses ungewöhnliche Zusammentreffen, versetzte die Bilder mit Dokumentarmaterial und ließ Sophia die in „Brundibár“ die Anninka singt, eine Art Reisebericht sprechen.

Der Versuch, deutsche Vergangenheit kinderkompatibel zu vermitteln, zählt vor allem, weil derlei selten genug geschieht – und deutlich macht, wieviel das Fernsehen noch für das Genre Kinder-Doku lernen muß. Am besten von den Kinder selbst. Ulla Küspert