Kraftwerksbauer ohne Saft und Kraft

■ Nach ABB will auch Babcock seine Kraftwerksproduktion schließen. 420 Beschäftigte bedroht

Der einheimischen Metallindustrie, speziell der Kraftwerksbranche, droht weiterer Aderlaß. Während der ABB-Konzern die Schließung seiner Fabrik in Pankow plant, will jetzt auch die Babcock AG (Oberhausen) ihre Produktion an der Storkower Straße in Prenzlauer Berg einstellen. Bei der dortigen Babcock Kraftwerkstechnik GmbH sollen nach Darstellung der Gewerkschaft IG Metall und des Betriebsrates sämtliche 420 Stellen vernichtet werden. Der Konzern bestätigte die Angaben gestern nicht.

Babcock plane, noch dieses Jahr 67 Beschäftigte abzufinden oder zu entlassen, 1999 dann weitere 202, sagte Klaus Wosilowsky, Sprecher der IG Metall. Die restliche Belegschaft würde in einer Firma des Konzerns in Eberswalde zusammengefaßt. Bundesweit sollen den aktuellen Kürzungen 720 Jobs zum Opfer fallen.

Die Firma an der Storkower Straße war der größte Kraftwerksbauer der DDR. Bis 1990 arbeiteten dort rund 3.000 Menschen. Von der Treuhand an Babcock verkauft, modernisierte man die Kraftwerke in den östlichen Bundesländern oder baute neue. „Diese Arbeiten laufen jetzt aus“, sagt Horst Schwerdtner vom Betriebsrat. „Aber die Anschlußaufträge fehlen.“ Die Konzernleitung habe sich zuwenig um Verträge für die spätere Wartung der neuen Kraftwerke gekümmert. Der Absatz in Osteuropa könne ebenfalls keinen Ausgleich bringen, denn er sei viel zu gering. „Es ist erschreckend, mit welcher Einfallslosigkeit ein Konzern wie Babcock auf die Veränderung am Markt reagiert“, kommentierte IG-Metallchef Arno Hager.

Bereits im vergangenen Jahr wurden im Berliner Werk 395 Stellen gestrichen, was der Halbierung der Belegschaft gleichkam. Die Deutsche Babcock AG fährt einen harten Kurs, um ihre Verluste zu reduzieren. Man will sich auf das „Kerngeschäft“ zurückziehen und „Randaktivitäten“ einstellen oder verkaufen. Im Geschäftsjahr 1996/97 summierten sich die roten Zahlen nach Konzernangaben auf rund 250 Millionen Mark. 1997 kündigte der Vorstand an, die Gesamtbelegschaft um fast 20 Prozent auf 25.000 zu reduzieren.

Die Berliner Belegschaft will sich jedoch nicht für die Probleme des Gesamtkonzerns verantwortlich machen lassen. Die Situation im hiesigen Werk sei gegenwärtig nicht schlecht, meint Betriebsrat Schwerdtner: „Wir schreiben nur leicht rote Zahlen.“

Die IG Metall fordert derweil, daß zumindestens eine Restbelegschaft weiterarbeiten kann. Die Verlagerung nach Eberswalde würde schon bald zur Vernichtung auch dieser Stellen führen. Hannes Koch