PreussenElektra will Quoten fürs Atom

Neue AKWs nur mit staatlichem Schutz gegen Unternehmerentscheidungen, meint der Boß des Stromkonzerns. Die Windstromer auf seinem Gebiet will er hingegen weiter bekämpfen  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Eine „Quote für Kernkraft“ bei der Stromerzeugung hat der Vorstandsvorsitzende der PreussenElektra, Hans-Dieter Harig, vorgeschlagen. Nach Auffassung des PreussenElektra-Chefs werden die deutschen Energieversorger wegen der Liberalisierung des Strommarktes von sich aus keine neuen AKWs mehr bauen. „Mit dem Ordnungsrahmen des neuen Energiewirtschaftsgesetzes wird es sehr schwer werden, daß neue Kernkraftwerke entstehen“, sagte Harig gestern in Hannover. In Großbritannien seien seit der Liberalisierung des dortigen Strommarktes nur noch Gaskraftwerke gebaut worden. Auch den Neubau von AKWs in der Bundesrepublik bezeichnete Harig als „unter den heutigen Bedingungen nicht wirtschaftlich“.

Mit diesen trüben Aussichten für die Atomkraft will sich der PreussenElektra-Chef allerdings nicht abfinden. „Hier muß die Politik eingreifen“, verlangte Harig gestern, „das kann man nicht einfach zufälligen unternehmerischen Entscheidungen überlassen.“ Da die Bundesrepublik zur langfristigen Sicherung der Energieversorgung weiter die Stromerzeugung aus Kernkraft brauche, aus wirtschaftlichen Gründen aber keine neuen Reaktoren gebaut würden, müsse die Politik, die neue AKWs wolle, auch die Rahmenbedingungen für solche Neubauten schaffen.

Als Instrumente, mit denen der Neubau von AKWs gefördert werden könnte, schweben Harig eine Subventionierung des Kraftwerksneubaus oder eine verpflichtende Quote für die Atomstromproduktion vor. Harig kritisierte, daß das neue Energierecht auf eine langfristige Sicherung der Energieversorgung gänzlich verzichte.

Den Strom aus den bereits bestehenden AKWs der PreussenElektra bezeichnete Harig gestern allerdings als „besonders kostengünstig“. Im vergangenen Jahr hat die PressenElektra den Anteil des Atomstromes an ihrer gesamten Strombeschaffung noch einmal um 2,1 Prozentpunkte auf 36,3 Prozent erhöht. Ein Ausstieg aus der Atomkraft ist für Harig deswegen nur über Entschädigungszahlungen des Staates möglich. „Jeder, der aussteigen will und ein entsprechendes Gesetz machen will, muß sich auch überlegen, was das kostet, und muß die entsprechenden Mittel dafür bereitstellen“, sagte Harig auf die Frage nach etwaigen Konsequenzen eines Regierungswechsels in Bonn.

Entschiedenen Widerstand kündigte Harig erneut gegen das neue Stromeinspeisungsgesetz an, das den Betreibern von Windkraftwerken weiter einen Abnahmepreis von etwa 17 Pfennig für die Kilowattstunde garantiert. Durch die vielen Windräder an der Küste würden 70 Prozent aller bundesweit gezahlten Einspeisevergütungen direkt oder indirekt von der PreussenElektra gezahlt, sagte Harig. Daraus würden sich Mehrbelastungen von 300 Millionen Mark pro Jahr ergeben. Der Vorstandschef will nicht nur „alle rechtlichen Schritte einschließlich einer Verfassungsklage“ gegen das neue Einspeisungsgesetz einleiten. „Wenn es rechtlich zulässig und möglich ist“, will die PreussenElektra auch die Bezahlung der Windstromproduzenten als Hebel gegen das Gesetz nutzen. In welchem Umfang der Konzern Zahlungen an Windstromproduzenten nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes aussetzen oder einschränken wird, konnte oder wollte Harig gestern allerdings noch nicht sagen.