Deutsche Atomtransporte strahlen 3.000fach stärker als erlaubt

■ Skandal um Eisenbahntransporte nach La Hague. Radioaktive „Hot spots“ auf 11 von 55 Waggons im letzten Jahr. Umweltministerium stoppt AKW-Brennelemente bis auf weiteres. Merkel: Keine Gefahr für Öffentlichkeit

Bonn (taz/rtr/AFP) – Die deutsche Atomindustrie hat einen handfesten Skandal am Hals. Die radioaktiven Verstrahlungen von Eisenbahnwaggons bei deutschen Atomtransporten nach Frankreich sind deutlich höher gewesen als bislang bekannt – so hoch, daß das Bundesumweltministerium gestern alle Atomtransporte nach Frankreich gestoppt hat. Die eher atomfreundliche Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) wurde mit einer Untersuchung beauftragt. Bis dahin bleiben die Fuhren mit den hochradioaktiven abgebrannten Brennelementen nach La Hague ausgesetzt. Für nächste Woche sind die Vertreter aller Bundesländer und die AKW-Betreiber zu Krisensitzungen nach Bonn geladen.

Wie das Ministerium gestern mitteilte, wurden nach den jetzt ausgewerteten französischen Protokollen im vergangenen Jahr bei den 55 Transporten aus Deutschland in 11 Fällen erhöhte Kontaminationen festgestellt. Dieses Jahr waren schon vier Transporte verstrahlt. Dabei wurden „Hot spots“ von der Größe einer Münze mit einer maximalen Radioaktivität von 13.400 Becquerel pro Quadratzentimeter in Transportcontainern und Eisenbahnwaggons festgestellt; das ist mehr als das 3.000fache des zulässigen Grenzwertes von vier Becquerel pro Quadratzentimeter. Letzten Donnerstag hatte das Bundesumweltministerium gegenüber der taz von maximal 22 Becquerel gesprochen.

Das Umweltministerium erklärte zu den neuen Angaben, trotz der „teilweise erheblichen Überschreitung des Grenzwerts“ gebe es „keine gesundheitlichen Folgen für die Öffentlichkeit“. rem