Miskitos greifen Nicaraguas Armee an

■ In den Autonomiegebieten der Atlantikküste Nicaraguas sollen 1.500 Miskito-Indianer der Yatama-Organisation unter Waffen stehen

San Salvador (taz) – Nicaraguas Präsident Arnoldo Aleman kommt aus den Problemen nicht heraus. Am Montag und Dienstag Straßenschlachten zwischen streikenden Ärzten und der Polizei. Er selbst mußte am Montag wegen eines Drogenskandals aussagen, weil er das freundliche Angebot eines Exilkubaners angenommen hatte und in dessen Luxusjet gratis eine Staatsreise unternommen hatte. Der Flieger war in den USA geklaut und von Nicaragua aus für den Kokaintransport eingesetzt worden. Am Mittwoch gab Armeesprecher Milton Sandoval in Managua den nächsten Tiefschlag für den Präsidenten bekannt: An der Atlantikküste im Grenzgebiet zu Honduras ist ein Militärstützpunkt von Miskito-Indianern angegriffen worden.

Nach Angaben Sandovals spielte sich der Angriff auf den Stützpunkt Bismuna bereits am vergangenen Montag ab. Drei Soldaten seien dabei verletzt, ein Angreifer getötet worden. Sechs Militärs seien von den Miskitos in den Dschungel verschleppt worden. Inzwischen hat die Armee Verstärkung nach Bismuna geschickt. Bei den Angreifern handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um Mitglieder der Miskito-Organisation Yatama.

Erst im Dezember vergangenen Jahres hatte Aleman öffentlich erklärt, er habe mit solchen bewaffneten Gruppen endgültig aufgeräumt. Yatama-Führer Benigno Martinez aber behauptete am Mittwoch, 1.500 Indigenas hätten bereits wieder zu den Waffen gegriffen.

Der Konflikt war absehbar. Anfang der 80er Jahre war die sandinistische Regierung mit den Völkern der Atlantikküste und deren Autonomieforderungen aneinandergeraten. Mit Unterstützung der USA weiteten die Miskito-Organisationen den Konflikt zur bewaffneten Auseinandersetzung gegen die Regierung aus, bis schließlich ein Autonomiestatut verhandelt wurde, daß der Costa weitgehende Selbstbestimmungsrechte zusichert. Seit seinem Amtsantritt Anfang 1997 versucht Präsident Aleman, die Autonomierechte zurückzustutzen und die dünn besiedelte Gegend mit eigener Kultur von Managua aus zentral zu verwalten. Miskito-Führer Brooklyn Rivera spricht von einer „absolutistischen Haltung“ des Präsidenten.

Bei der Regionalwahl Anfang März hat Alemans „Liberale Allianz“ zwar in der Nord- und Südhälfte der Atlantikregion knapp gewonnen. Anschließend aber hielt sie sich nicht an die eingespielten Regeln. Als in der vergangenen Woche in der Nordregion der Regierungsrat konstituiert wurde, nahmen die Liberalen auf Anweisung aus Managua alle sieben Sitze ein.

Sandinisten und Yatama blieben bei der Regierungsbildung außen vor. Früher war es üblich, daß auch die Opposition berücksichtigt wurde. Ganz offensichtlich waren die Yatama-Krieger auf eine solche Provokation der regierenden Liberalen vorbereitet. Nur ein paar Tage später schlugen sie zurück. Toni Keppeler