SPD auf den Spuren von CDU und PDS

■ Die Bundestagsfraktion der Sozialdemokraten hat in einem Papier die Zusammenarbeit von Schwarz und Rot im Osten dokumentiert

Bonn (taz) – Die neue SPD als Partei der neuen Mitte entwickelt immer neue Qualitäten. Statt sich über Sachsen-Anhalt zu zerstreiten, schließt sie die Reihen. Gemeinsam geht die Partei in die Offensive. Erst empfiehlt der Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering auf einmal weitere Tolerierungsmodelle, als hätte die SPD die PDS schon immer liebgehabt, dann läuft auch die Pressestelle der Bundestagsfraktion zur Hochform auf: Gestern brachte sie ein Papier in Umlauf, daß die Zusammenarbeit von CDU und PDS auf kommunaler Ebene dokumentiert.

Ohne die Scheinheiligkeit der CDU in dem Papier ausdrücklich zu kritisieren – die einerseits die SPD für ihren „Pakt“ mit der PDS geißelt, andererseits aber auf kommunaler Ebene mit der PDS zusammenarbeitet –, ist genau dieser Eindruck bezweckt. Das Kalkül der Pressestelle geht auf. Wir bedienen uns gerne.

Aus der Dokumentation geht hervor, daß sich in mehreren ostdeutschen Städten CDU-Bürgermeister von der PDS haben wählen lassen. In Güstrow und in Warin in Mecklenburg-Vorpommern wurden jeweils CDU-Kandidaten zum Bürgermeister gewählt, obwohl die SPD die größte Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung stellte. In Boizenburg ließ sich ein Kandidat von der FDP mit den Stimmen von CDU und PDS zum Bürgermeister wählen.

Wie sagte CDU-Generalsekretär Peter Hintze doch so schön: „Im Blick auf die kommende Bundestagswahl werden wir jetzt die Bevölkerung darüber unterrichten, daß bei der SPD die letzten Hemmungen im Blick auf ein Zusammengehen mit der PDS geschwunden sind.“

In Halle, folgt aus der SPD-Dokumentation, stellt die PDS den Kulturdezernenten mit Unterstützung der CDU. Bürgermeister ist ein CDU-Mann. Im Wahlkreis Leipziger Land blockierten CDU- und PDS-Abgeordnete 1994 gemeinsam die Wahl eines SPD- Ausschußvorsitzenden und wählten statt dessen einen PDS-Abgeordneten. Im thüringischen Schmölln wurde ein mehrseitiges gemeinsames Flugblatt von CDU, DSU, FDP und PDS an 6.000 Haushalte verteilt. Darin wurde zur Wahl des bisherigen parteilosen Bürgermeisters aufgerufen, der sich schließlich auch durchsetzte.

Wie sagte Generalsekretär Hintze doch so schön: „Für die CDU ist klar: Rechts- und linksradikale Parteien sind gleichermaßen schändlich, PDS und DVU schöpfen aus derselben trüben Quelle.“

Vor der Zusammenarbeit mit der PDS ist sich die CDU auch in Sachsen-Anhalt nicht zu fies. Des öfteren haben CDU und PDS im Landtag gemeinsam gegen die SPD gestimmt. So wurde etwa anläßlich der Sanierungskonzepte zu dem Stahlkombinat Sket von PDS und CDU gemeinsam ein Mißbilligungsantrag gegen Ministerpräsident Höppner verabschiedet.

Wie sagte Hintze doch so schön: „Die Sozialdemokraten haben in Sachsen-Anhalt demonstriert, daß bei ihnen die Gemeinsamkeit mit der PDS absoluten Vorrang vor allen Sachfragen hat.“

In Brandenburg denkt die CDU sogar ganz offen über eine gemeinsame Oppositionsarbeit nach. Der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Hackel kündigte eine „härtere Gangart“ der Opposition an und sagte, „eine parlamentarische Zusammenarbeit mit der PDS ist nicht ausgeschlossen“. Immer mehr prominente CDU-Mitglieder wenden sich gegen eine Verteufelung der PDS durch eine Rote-Socken-Kampagne. Merkel, Nolte, Biedenkopf, Vogel, Seite, Töpfer, Krüger, Eppelmann...

Wie sagte Hintze doch so schön: „Das schreit zum Himmel.“ Markus Franz