Kosovo-Albaner für Nato-Einsatz

■ Hilfsorganisationen erhalten erstmals Zutritt zu umkämpften Gebieten. Rund 100 serbische Polizisten wegen Dienstverweigerung entlassen. Türkei setzt auf diplomatische Lösung

Priština/Belgrad (AFP/dpa) – Die Kosovo-Albaner befürworten Zeitungsberichten zufolge eine Militärintervention der Nato in ihrer Provinz. Die der Demokratischen Liga des Kosovo (LDK) nahestehende Tageszeitung Informatori bedauerte gestern das „mangelnde Engagement“ der internationalen Gemeinschaft im Kosovo, die damit „mitverantwortlich“ werde für die derzeitige Tragödie. „Die Menschen sind überzeugt, daß nur ein Eingreifen der Nato dem serbischen Terror ein Ende setzen kann“, schrieb das Blatt. Die Nato solle ihre Truppen nicht nur entlang der Grenzen, sondern auch in der Provinz stationieren. Informatori plädierte zudem für die vom Ausland abgelehnte Unabhängigkeit des Kosovo.

Die Türkei schlug unterdessen im Kosovo-Konflikt verstärkte Konsultationen zwischen den Balkanländern und den Mitgliedern der Kontaktgruppe (USA, Frankreich, Großbritannien, Italien, Rußland, Deutschland) vor. Der Sprecher des türkischen Außenministeriums sagte gestern, die Türkei ziehe eine diplomatische Lösung einer Militärintervention vor.

Nach wochenlangen Protesten gegen die Abriegelung der Krisenregion im Kosovo durften das Rote Kreuz und das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) erstmals in den Westen der südserbischen Provinz reisen. Eine Delegation des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) sei am Mittwoch von Priština in die Stadt Decani gereist, sagte IKRK-Sprecherin Beatrice Magevand gestern. Die serbische Polizei habe dort aber die Weiterfahrt verhindert. Auch das UNHCR durfte in den Westen der Provinz fahren. Mitarbeiter fanden zahlreiche zerstörte Häuser und verlassene Dörfer vor.

Mehr als 600 serbische Polizeibeamte haben in den vergangenen Wochen den risikoreichen Pflichteinsatz in der Unruheprovinz Kosovo verweigert. Die meisten kämen aus der Hauptstadt Belgrad, meldete die Belgrader Zeitung Demokratija gestern unter Berufung auf das Innenministerium. Aber auch in anderen Orten hätten sich die Beamten krankgemeldet oder andere Gründe angegeben. In den vergangenen Tagen seien deshalb mehr als 100 Beamte aus dem Staatsdienst entlassen worden, andere hätten freiwillig gekündigt.