„Kein Konflikt zwischen Berbern und Arabern“

■ Ahmed Djeddai, Generalsekretär der Front der Sozialistischen Kräfte, der größten Oppositionspartei in Algerien, über sein Treffen mit Präsident Zeroual und die Folgen des neuen Sprachgesetzes

taz: Nach wochenlangen Mobilisierungen haben Sie sich ausgerechnet am Montag, einen Tag nach dem Inkrafttreten des Arabisierungsdekrets, mit Präsident Liamine Zeroual getroffen. Unterstützen sie damit nicht indirekt die umstrittene Sprachpolitik?

Ahmed Djeddai: Man darf das Treffen nicht nur im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Generalisierung des Arabischen als Amtssprache sehen. Wir haben den Präsidenten um einen Empfang gebeten, weil sich die Lage in der Kabylei nach der Ermordung des Sängers Matoub Lounes immer weiter zuspitzt. Das kann den nationalen Zusammenhalt Algeriens gefährden. Die Gründungserklärung der sogenannten Bewaffneten Berberbewegung (MAB) verdeutlicht dies. Wir haben beim Präsidenten vorgesprochen, um das Schlimmste zu verhindern.

Bisher zeichnete sich Ihre Partei durch eine radikale Oppositionspolitik gegenüber der Politik von Präsident Zeroual aus. Sie hat mehrfach Wahlen und Institutionen aus Protest gegen die ungenügende Demokratisierung boykottiert. Ist es damit jetzt vorbei?

Wir sind keinen Deut von unseren Forderungen abgewichen. Wir haben sofortige Maßnahmen verlangt, um die Spirale der Gewalt zu stoppen. Als erstes müßte dazu der Ausnahmezustand aufgehoben werden, um die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit zu gewährleisten, so lange diese Rechte friedlich genutzt werden. Außerdem verlangen wir die Anerkennung der Berbersprache Tamazight als offizielle Sprache. Die Arabisierung ist heute mehr ein politisches Instrument zu einer vermeintlichen Identitätsstiftung als ein Programm, um das Arabisch tatsächlich zu fördern. Deshalb wollen wir ein Programm, das schrittweise vorgeht, ohne andere Sprachen zu benachteiligen. Natürlich haben wir bei dieser Gelegenheit einen breiten politischen Dialog mit den Kräften verlangt, die den Terrorismus verurteilen, um so Algerien zu befrieden.

Hat Präsident Zeroual Zugeständnisse gemacht?

Nein, leider nicht. Er hat uns nur ganz allgemein versprochen, die Arabisierung behutsam anzugehen, ohne dabei die Berber und die französischsprachigen Eliten an den Rand zu drängen.

Ihnen ist vorgeworfen worden, das Treffen mit Zeroual würde die Berber noch weiter spalten.

Alle Algerier sind Berber. Die Kabylei unterscheidet sich nur dadurch vom Rest des Landes, daß sich dort die Sprache, das Tamazight, gehalten hat. Es gibt keine Auseinandersetzung zwischen Berbern und Arabern. Uns geht es um die nationale Einheit, um ein einiges und pluralistisches Algerien. Interview: Reiner Wandler