Neuseelands Regierungskoalition zerbricht

■ Premierministerin Jenny Shipley lehnt Rücktritt ab und ist zur Minderheitsregierung bereit

Sydney (taz) – Der schwelende Konflikt in der neuseeländischen Regierungskoalition zwischen der konservativen Nationalpartei und der rechtspopulistischen Partei New Zealand First (NZF) ist in der Nacht zu gestern eskaliert. Unter Protest verließen die fünf NZF- Minister die Kabinettssitzung. NZF-Chef und Vizepremier Winston Peters hatte sich zuvor vehement gegen die von der Nationalpartei geplante Vollprivatisierung des Flughafens der Hauptstadt Wellington ausgesprochen. Erst kurz vor der Kabinettssitzung hatte die Regierung im Parlament ein Mißtrauensvotum überstanden.

Premierministerin Jenny Shipley bezeichnete den Protest der fünf Kabinettskollegen als „beispiellos“ in der Geschichte des Landes und als „außerordentlich ernsthaft, was die Glaubwürdigkeit Neuseelands angeht“. Falls NZF nicht an den Verhandlungstisch zurückkehre, kündigte Shipley an, auch mit einer Minderheit von nur 44 der 120 Sitze im Parlament und der Hilfe einer kleinen Rechtspartei und Unabhängigen regieren zu wollen. Peters bestand darauf, er und seine vier Kollegen gehörten weiterhin dem Kabinett an. Die oppositionelle Labour- Partei forderte von Shipley den sofortigen Rücktritt.

Die Beziehung zwischen den beiden Regierungsoberhäuptern hat sich seit der Wahl Shipleys Ende letzten Jahres kontinuierlich verschlechtert. Der einwanderungsfeindliche Peters wirft der Premierministerin vor, sie dränge die nationale Politik immer weiter nach rechts. Beobachtern zufolge bestehen zwischen der Regierungschefin und Peters grundlegende Differenzen in der Frage wirtschaftlicher Reformen. Der Konflikt bestätigt außerdem die Überzeugung der Anhänger des erst vor zwei Jahren abgeschafften Zweiparteiensystems, daß die neue Form der Staatsführung nach deutschem Muster ineffizient sei. Sie mache die Regierung von den Launen des kleineren Koalitionspartners abhängig. Urs Wälterlin