Analyse
: Fünf auf einen Streich

■ Die PDS will nicht nur über drei Direktmandate in den Bundestag

Die PDS will keinen halben Erfolg. Eine Handvoll Direktmandate und 4,8 Prozent der Stimmen würden der Partei im September zwar den Einzug in den Bundestag bescheren, für die PDS-Spitze um Gregor Gysi, Lothar Bisky und Dietmar Bartsch wäre es aber eine Niederlage. Ihr erklärtes Ziel für die Bundestagswahl: Die Partei soll diesmal die Fünfprozenthürde überspringen und mit einer eigenen Fraktion ins Parlament einziehen. Das hat Gysi bei der Vorstellung der PDS-Wahlkampagne gestern in Bonn noch einmal klargemacht. Die Reformer in der PDS wissen, daß darin, wenn überhaupt, die einzige Chance besteht, aus der ostdeutschen Regionalpartei langfristig das zu machen, was ihnen selbst vorschwebt: eine bundesweite, linke, sozialistische Partei.

Nach seriösen Umfragen und Analysen sind fünf Prozent der Zweitstimmen ein durchaus realistisches Ziel. Seit Monaten liegt die PDS knapp unter oder über diesem Wert, beim eher konservartiven Allensbach-Institut kam sie zuletzt sogar auf 5,7 Prozent. Dennoch macht sich in der Partei unterschwellig Angst breit. Die PDS fürchtet, daß sie doch noch unter die Räder geraten kann, wenn der Wahlkampf weiter auf eine reine Polarisierung zwischen Kohl und Schröder hinausläuft. Außerdem ist die Partei vor ein paar Tagen durch eine intern in Auftrag gegebene Umfrage ihres Wahlkampfleiters André Brie aufgeschreckt worden: Danach zeichnet sich im Moment lediglich in zwei der fünf Ostberliner Wahlkreise eine Mehrheit für die Direktkandidaten der PDS ab; für den Einzug in den Bundestag sind drei Direktmandate notwendig, und neben Ostberlin besteht eine realistische Chance auf ein solches Direktmandat nur noch in Rostock.

Also vielleicht doch 4,8 Prozent – aber auch nur zwei Direktmandate? In dieser Situation setzt die Partei bei der Bundestagswahl auf eine verstärkte Zweitstimmenkampagne. Im Osten will sie 22 Prozent der Stimmen holen (1994: 19,8) und im Westen 1,8 (1994: 0,9). Das Scheitern der PDS in Bonn ist dennoch nicht ausgeschlossen, und das liegt vor allem an ihr selbst.

1994 reichte es der Partei noch, den Außenseiter aus dem Osten zu spielen. Heute ist sie weitgehend anerkannt. Der letzte Versuch der Union vor ein paar Wochen, aus der PDS noch einmal Stalinisten und rote Faschisten zu machen, ist grandios gescheitert. Aber jetzt, wo es endlich nur auf Politik ankäme, ist es merkwürdig still um die PDS geworden. Ihre zentrale Wahlkampfforderung „Für eine gerechte Republik“ verliert sich im Irgendwo. Fast scheint es, als hielte die Partei, seitdem sie als Feindbild nicht mehr taugt, nichts so richtig zusammen. Die PDS will in den Bundestag, und vielleicht schafft sie es ja auch – aber dann? Jens König

Siehe auch Reportage Seite 9