Grüne werfen Polizei nachlässige Ermittlungen vor

■ Drei grüne Wahlkämpfer wurden an einem Infostand in Kaulsdorf bedroht. Der Angreifer kam aus einem Imbiß, der als Treffpunkt von Rechten gilt. Keine Ermittlungen wegen Nötigung

Die Grünen werfen der Polizei vor, im Fall der tätlichen Bedrohung von drei WahlkämpferInnen an einem Infostand in Kaulsdorf nachlässig zu ermitteln. Drei Grüne waren am vergangenen Freitag gegen 16.30 Uhr von einem stämmigen Mittvierziger im Blaumann als „Kommunistenschweine“ und „Zecken“ beschimpft worden. Er forderte sie auf, ihren Wahlkampfstand innerhalb von fünf Minuten abzuräumen und drohte: „Sonst schlage ich euch alles zusammen.“ Dies berichtete gestern einer der Wahlkämpfer, Mathias Kraatz. Zu einer etwa 50jährigen Grünen am Stand habe der Mann gesagt, er würde sie nur deshalb nicht schlagen, weil sie eine Frau sei. Der dritte Grüne sei völlig unbegründet als NVA-Offizier beschimpft worden.

Der Mann sei, nachdem er das erste und zweite Ultimatum ausgesprochen habe, zu einem nahegelegenen Imbiß gegangen. Dort habe er mit einigen Kumpels Bier getrunken und weitere lautstarke Beschimpfungen von sich gegeben. Schließlich habe er den Grünen, die bereits ihr Material zusammenpackten, den Tapeziertisch kaputtgeschlagen. „Daß er den Tisch getroffen hat und nicht meine Nase, war reiner Zufall“, sagte gestern der 31jährige Kraatz, der die Situation als „sehr bedrohlich“ erlebte.

Von einer Telefonzelle aus habe er die Polizei gerufen. Die Besatzung des nach zehn Minuten eintreffenden Streifenwagens sei nach der Aufnahme des Protokolls zwar zu dem Imbiß gefahren, dann aber recht schnell mit der Nachricht zurückgekehrt, der Gesuchte sei dort nicht mehr zu finden. Von den Beamten erfuhren die Grünen, daß es sich bei dem Imbiß um einen Treffpunkt von Rechten handelt.

Der bündnisgrüne Rechtsexperte Norbert Schellberg kritisierte gestern, daß die Polizeibeamten die Imbißkunden nicht als Zeugen vernommen hätten. Es deute vieles darauf hin, daß der Angreifer dort öfter verkehre und möglicherweise bekannt sei. Offenbar sei nicht einmal der Imbißinhaber nach dem Mann befragt worden. Außerdem hätten die Beamten nur eine Anzeige wegen Sachbeschädigung aufgenommen. Sie hätten jedoch erkennen müssen, daß es sich um Nötigung gehandelt habe. Ein Sprecher der Polizei war gestern nicht in der Lage zu erklären, warum nicht wegen Nötigung ermittelt wird. Es handele sich jedoch um den ersten Zwischenfall an einem Wahlkampfstand. Dorothee Winden