Eine Haarprobe für die Gen-Datenbank

■ Auch in Berlin wird jetzt für die Gen-Datei des BKA gesammelt

In den Berliner Haftanstalten und in der Gerichtspsychiatrie werden zur Zeit Listen von Gefangenen und Patienten zusammengestellt, die für die Erfassung in der Gen-Datei beim Bundeskriminalamt (BKA) in Frage kommen. Sobald das neue „DNA-Identitätsfeststellungsgesetz“ im Bundesgesetzblatt veröffentlicht sei, würden die Listen der Staatsanwaltschaft übergeben, sagte Justizsprecherin Svenja Schröder auf Nachfrage. Dies werde vermutlich in wenigen Wochen der Fall sein. Welche Gefangenen und Patienten Körperzellen – etwa Haare, Blut oder Sperma – für die Gen- Analyse abgeben müssen, entscheiden Gerichte.

In der umstrittenen Datei soll der genetische Fingerabdruck von sogenannten Schwerverbrechern gespeichert werden. Das „DNA- Identitätsfeststellungsgesetz“ in der Strafprozeßordung ist so gefaßt, daß der Personenkreis beliebig ausweitbar ist. Erfaßt werden sollen nicht nur Täter, die wegen Delikten an Leib und Leben vorbestraft sind und bei denen die Justiz von einer Rückfallgefahr ausgeht. Die Entnahme von Körperzellen ist auch bei „Beschuldigten“ möglich, wenn diese einer Straftat von „erheblicher Bedeutung“ verdächtig sind. Als Beispiele sind nicht nur Sexual- und Tötungsdelikte aufgeführt, sondern auch gefährliche Körperverletzung, Diebstahl in besonders schwerem Fall und Erpressung. Justizsprecher Ehrhart Körting (SPD) hat sich dafür ausgesprochen, die Gen-Datei auch zur Bekämpfung von Bandenkriminalität zu nutzen.

Um den Aufbau der bundesweiten Datenbank zu beschleunigen, hat die Justizverwaltung die Knäste und Gerichtspsychiatrie aufgefordert, schon einmal sogenannte „Altfälle“ zusammenzustellen.

Laut Justizsprecherin Schröder sollen sich sich Vollzugsmitarbeiter und Ärzte bei der Erstellung der Listen zunächst auf Täter konzentrieren, die ein- oder mehrmals wegen schwerer Sexual- und Totschlagsdelikte oder schweren Menschenhandels verurteilt worden sind. Die Staatsanwaltschaft werde die Listen auswerten und nach Aktenlage entscheiden, bei welchen Personen Rückfallgefahr drohe. Ob sie eine DNA-Analyse für die Datenbank über sich ergehen lassen müssen, entscheide ein Richter. Betroffene hätten die Möglichkeit, gegen den Beschluß Beschwerde einzulegen. Ihre Anhörung vor Gericht sei nicht vorgesehen. Ein Mitarbeiter der forensischen Psychiatrie sorgt sich, daß bei der Datensammlung „mit dem groben Kamm gekämmt wird“.

Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Norbert Schellberg, warnt davor, die Deliktbereiche beliebig auszuweiten. In den Gefängnissen sitzen rund 5.000 Insassen, im Maßregelvollzug der Gerichtspsychiatrie 370 Patienten. 1997 gab es 31 Verurteilungen wegen Mordes, 86 wegen Totschlags, 85 wegen Vergewaltigung, 141 wegen Kindesmißbrauchs und 21 wegen schweren Menschenhandels. Plutonia Plarre