Offener Brief an den Installateursgünstling Jürgen Roth Von Wiglaf Droste

Mit Entsetzen las ich Jürgen Roths Kolumne „Verteidigung des Handwerks“ (taz vom 9.9.) – sie stellt wohl das verantwortungsloseste Stück Nachkriegsliteratur seit dem Erscheinen von Josef Göhlens „Bill Bo und seine sechs Kumpane“ dar. Nachweislich nämlich haben auch meine ganz persönlichen Handwerker diese sie zu ihrem Tun ermunternde, ja aufstachelnde Hetzschrift gelesen (bzw. sie sich, ihrem geistigen Zu- und Holzschnitte nach, von irgendeinem Handlanger und Steigbügelhalter, womöglich von Roth selbst, vorlesen, wenn nicht einflüstern lassen). Die unmittelbare Folge: Nachdem ich sie kraft meiner letzten Kolumne (taz vom 4.9.) hatte in Schach halten können, begannen die Handwerker direkt nach Erscheinen der Rothschen Suada erneut ihr Lärmwerk. Schlag Viertel nach sieben am Mittwoch morgen orgelten sie los, und zwar mit vollen Kräften.

Ihren Angriff begannen sie mit dem demonstrativ sinn- und ziellosen Zerdullern einer Holzpalette unter Zuhilfenahme diverser Vorschlaghämmer. Dabei handelte es sich offensichtlich um eine Art Aufwärmübung nur zum Frischwerden; um so ernsthafter widmeten sie sich alsbald einem streng atavistischen Einprügeln auf Gegenstände aus Metall mit Hilfe anderer Gegenstände aus ebenfalls Metall – als wollten sie die gerichtsnotorische und unter Strafe stehende Aussage „Soldaten sind Handwerker“ eigenhändig ins Recht setzen.

Ein alles beaufsichtigender Offizier (IM „Architekt“) war auch dabei und stolzierte, seinen „Ich habe hier den Längsten, Freunde der Nacht!“-Zollstock (in Handwerkersprech „Zoller“ oder, wenn die Umnachtung komplett ist, sogar „Zolli“ genannt) in der Hand, im Hinterhof herum, dabei feixend und Maulaffen feilhaltend, daß man ihm die Runkel hätte eindellen mögen. Zwischen den einzelnen Schlägen auf egal irgendwas, Hauptsache laut, öffneten die Handwerker gern auch die Futterluken, um gurgelnd-breiig, aber laut etwas zu artikulieren, das wie „Oaaoohll, giaob maol deeyn Schlüssööll, eyooaah!“ klang.

Dringend besteht nun der Verdacht, ich hätte diesen neuerlichen Terror durch ein Kommando der Handwerker Armee Fraktion am Ende ursächlich Jürgen Roth zu verdanken. Ich will das, auch im Hinblick auf zumindest bislang gedeihliche diplomatische Beziehungen, nicht hoffen. Sollte sich aber eine zumindest „Teilschuld“ (RA Vinck, Hertin & Muffenstück) erweisen, so werden in angemessener Frist eigens von mir gedungene Handwerker in unmittelbarer Nähe der Rothschen Wohnung aufkreuzen: Dann wird ab fünf Uhr morgens zurückgehämmert! Und zwar im Akkord, Meister!

Noch aber gebe ich Roth Gelegenheit, einen lückenlosen Nachweis seiner evtl. „Unschuld“ (G. Gysi) zu erbringen. (Vgl. auch Heinrich Kersten/Gerd Haffmans: „Bringeschuld und Sühne“, Kein & Aber Verlag, Zürich 1991; sowie Hellmuth Karasek: „Moribundi se gratulant! – auch du, mein Sohn Pilatus“, Nie/nie/sagen-Verlag, Freiburg 1998.)

Es ist nun an Roth, seiner irrationalen und gefährlichen Dübelverherrlichung abzuschwören – oder aber mit jenen Handwerkerschergen, in deren schmieriger Bettstatt er als Günstling und Einpeitscher sich sielte, unterzugehen, denn untergehen müssen sie.