Transrapid-Kosten heben ab

Ein weiteres Gutachten über die Magnetschnellbahn liegt vor: Es wird alles noch teurer. Weder Bahn AG noch Industrie wollen die zusätzlichen Kosten übernehmen  ■ Von Ulrike Fokken

Berlin (taz) – Die Aufsichtsräte der Magnetschnellbahn-Planungsgesellschaft (MPG) hatten es gestern nicht leicht. Auf ihrer Sitzung mußten sie neue Berechnungen zu den mutmaßlichen Kosten des Transrapids beurteilen und entscheiden: Steigen wir ganz aus, ein bißchen oder gar nicht? Denn die Kosten für die geplante Strecke zwischen Berlin und Hamburg steigen laut den unter Verschluß gehaltenen, dennoch aber bekannten zwei Gutachten immens.

So wird der Fahrweg zwischen 7,7 und 8,9 Milliarden Mark kosten, hat das Eisenbahnbundesamt für das Verkehrsministerium ausgerechnet. Der Finanzier des Transrapid, die Deutsche Bahn AG, rechnet offiziell noch mit den im vergangenen Jahr festgelegten 6,1 Milliarden Mark. Und mehr würde auch nicht gezahlt, versicherte Bahn-Vorstandschef Johannnes Ludewig einen Tag vor der Aufsichtsratssitzung.

Damit jedoch ist die 292 Kilometer lange Referenzstrecke für die Industrieunternehmen Thyssen, Siemens und Adtranz – im Konsortium Transrapid International vereinigt – nicht zu haben. Allein der Erwerb der Grundstücke für die Strecke kostet mindestens 770 Millionen Mark (siehe taz vom 9. 10.). Das hatte die Potsdamer Fernau Consult für die Bahn AG ausgerechnet. Ursprünglich waren die Bahn und ihre Tochter MPG von 400 Millionen Mark für den Grund ausgegangen.

Dem Verkehrsministerium kamen dann auch die Kosten für den verbauten Beton zu niedrig vor und es beauftragte das Eisenbahnbundesamt, anhand der Ausschreibungen die Belastungen zu errechnen. Nach der am 6. Oktober vorgelegten Untersuchung kostet allein der Oberbau des Fahrweges – also Betontröge, Eisenträger und dergleichen – zwischen 3,1 und 4,1 Milliarden Mark und nicht 2,9 Milliarden Mark. Hinzu kommen 300 bis 400 Millionen Mark für die Stromversorgung, über die sich Bahn und Industrie noch nicht einigen konnten. Ebenfalls möchten sich die Unternehmen nicht festlegen, wer die 300 bis 500 Millionen Mark für den Transport der Fahrwegelemente bezahlt.

Transrapid International – zuständig für das Betriebssystem – hat auch noch einmal nachgerechnet und festgestellt, daß es auch nicht mit seiner veranschlagten Summe auskommt: Statt 3,7 Milliarden werden die Züge wohl knapp 3,9 Milliarden Mark kosten. Hendrik Jordan, Betriebsratsvorsitzender von Thyssen Transrapid System, warnte deshalb gestern noch einmal vor einem Ausstieg aus dem Transrapid. In den Werken Kassel und München arbeiten 200 Menschen am Zug. „Der Standort Kassel ist gefährdet“, sagte Jordan. Der Transrapid auch. Laut einem Vermerk aus dem Verkehrsministerium ist „derzeit keine Bereitschaft seitens der Industrie erkennbar, Anteile dieser Kostensteigerungen beim Fahrweg zu übernehmen“. Die Industrie wollte sich gestern dazu nicht äußern. Denn am Sonntag wollen sich die Koalitionäre von SPD und Grünen über den Transrapid einigen.