Berliner Ausländer haben Paßhöhe erreicht

■ Einwandererorganisationen der Stadt reagieren positiv auf die Bonner Regelung zum Staatsbürgerschaftsrecht. Türkischer Bund rechnet mit 40.000 weiteren Anträgen auf Einbürgerung. Die Zahl der Bere

Mit Zufriedenheit haben die türkischen Einwandererorganisationen in Berlin die Bonner Einigung über die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts begrüßt. „Damit können wir sehr gut leben“, sagte Kenan Kolat, Geschäftsführer des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg (TBB). „Wir werden uns dann als wirkliche Deutschlandtürken fühlen, aber im Kopf immer noch wissen, wo wir kulturell herkommen“, sagte Kolat.

Auch Fabre Adak, der Präsident der eher konservativen Türkischen Gemeinde, freute sich über die rot-grüne Einigung: „Da wird sich bei den Türken moralisch viel ändern“, kündigte er an.

Von den 440.000 in Berlin gemeldeten Nichtdeutschen, davon 137.000 Türken, warten derzeit 40.000 auf ihre Einbürgerung. Die zweitgrößte nichtdeutsche Community sind die 35.000 Exjugoslawen. Kolat geht davon aus, daß durch die neue Regelung „mindestens“ noch einmal 40.000 Nichtdeutsche einen Antrag auf die deutsche Staatsbürgerschaft stellen würden.

Doch wie viele es genau sein werden, weiß derzeit allerdings niemand. „Das ist sehr schwierig, dazu haben wir keine Zahlen“, sagte Wolf-Dieter Pfützenreuter vom Büro der Ausländerbeauftragten. Auch die Innenverwaltung konnte sich dazu nicht äußern.

Derzeit leben schätzungsweise 110.000 TürkInnen seit acht Jahren oder länger in Berlin und könnten theoretisch eingebürgert werden, wenn sie einen gesicherten Aufenthalt haben. Fabre Adak forderte gestern, daß die Bearbeitungsdauer der Behörden wesentlich verkürzt werden müsse. „Viele warten über zwei Jahre, das ist zu lange, sie verlieren dadurch das Interesse.“

Der Türkische Bund kündigte inzwischen an, daß die Organisation in den nächsten Wochen massiv unter ihren Landsleuten für die Einbürgerung werben wolle. Er geht jedoch davon aus, daß viele die Regelung annehmen werden.

Auch die iranische Gemeinde ist über die gefundene Regelung erfreut. „Bisher mußten wir uns ausbürgern lassen, um die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen“, sagt Merta Sadat- Gousheh vom Verein Iranischer Flüchtlinge. Eine doppelte Staatsbürgerschaft sei nur in Ausnahmefällen möglich gewesen. In Berlin leben rund 8.000 IranerInnen, die meisten von ihnen länger als acht Jahre.

Gregor Plischke, Mitarbeiter beim Polnischen Sozialrat, geht davon aus, daß die Einbügerungsbereitschaft der PolInnen, die bisher keinen deutschen Paß haben, „sehr groß“ sei. In der Hauptstadt leben 130.000 PolInnen, zirka 100.000 von ihnen sind allerdings AussiedlerInnen, haben also bereits einen deutschen Paß. „Die Polen wollen mit den Aussiedlern endlich rechtlich gleichgestellt sein“, sagte Plischke. Julia Naumann