Wall-Street-Yuppies werden arbeitslos

Die globalen Finanzturbulenzen fordern neue Opfer: Auf New York kommt eine Schwemme arbeitsloser Investmentbanker zu. Merrill Lynch entläßt schon mal fünf Prozent seiner Angestellten  ■ Von Peter Tautfest

Washington (taz) – Merrill Lynch, Amerikas größter Börsenmakler, entläßt 3.500 Banker und 500 Berater. Das sind mehr als fünf Prozent der Angestellten. Zuvor schon hatte J.P. Morgan weltweit fünf Prozent seiner Angestellten entlassen – und kündigte jetzt weitere Stellenstreichungen an. Andere Investmentbanken wie Salomon Smith Barney sollen bald folgen. New York wird es um Weihnachten mit einer Schwemme von arbeitslosen Bankern zu tun bekommen. Bürgermeister Giuliani ist sauer, hatten Stadt und Bundesstaat New York doch erst letztes Jahr Merrill Lynch Steuererleichterungen im Wert von 28 Millionen Dollar eingeräumt im Gegenzug für die Zusage, über einen Zeitraum von 15 Jahren 9.000 weitere Arbeitsplätze zu schaffen.

Die größte US-Bank, BankAmerica, schockierte derweil die Bankenwelt mit der Ankündigung, Rückstellungen in Höhe von 1,4 Milliarden Dollar für die Absicherung von Verlusten bilden zu müssen. Allein mit 400 Millionen Dollar hatte die BankAmerica die mit ihr assoziierte Investmentbank D.E. Shaw unterstützt, die nun die Kredite nicht zurückzahlen kann.

Die bevorstehende Welle von Entlassungen trifft zunächst Investmentbanker, in der weiteren Folge auch Börsenmakler. Der Unterschied: Banker arbeiten als Angestellte bei einer Bank, und Makler arbeiten für einen Kunden. Makler erbringen auch in Phasen, in denen die Kurse stürzen, durch den Verkauf von Papieren noch eine nützliche Dienstleistung.

Investmentbanker, das „sind die Leute, die Geld in unseriöse asiatische Banken und in schwindelerregende Spekulationen gesteckt haben“, meint ein Mitarbeiter der New Yorker Firma Schroder Wertheim & Co. Jetzt, wo durch die internationale Finanzkrise die Kreditströme austrocknen und das noch freie Geld sichere Anlagen sucht, wenn es sich nicht am liebsten überhaupt auf Sparkonten und als Festgeld versteckt, sind Finanzjongleure und Anlagesucher nicht mehr gefragt.

Die Investmentfirmen wollen durch die Entlassungen nun die Verluste wettmachen, die sie aufgrund der internationalen Finanzkrise einstecken mußten. Merrill Lynch zum Beispiel machte im letzten Dreivierteljahr 164 Millionen Dollar Minus – im dritten Quartal des letzten Jahres hatte die Bank noch einen Gewinn von 502 Millionen Dollar verbucht. Die Finanzkrise und die Entlassungen werden zunächst die Stadt New York und in der Folge aber auch weitere Teile der amerikanischen Wirtschaft berühren. „Zunächst werden nur die High-End-Läden wie Tiffany und Gucci sowie die Feinschmeckerlokale und Zigarrenhändler der Down Town betroffen sein“, beschreibt ein Analyst die Folgen. „Doch können solche Rezessionen an der Spitze der Konsumpyramide nach unten durchsickern und Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft haben.“

Die Washington Post wußte von einer Maklerin zu berichten, die aus dem Urlaub geholt wurde, weil etliche Wohnungs- und Büroverkäufe in Down Town New York, wo Gewerberaum bis zu 3.000 Dollar pro Quadratmeter kostet, storniert wurden.