Wechsel '98

SPD und Grüne haben bei ihren Koalitionsgesprächen offenbar vereinbart, eine Mindestbesteuerung einzuführen. Damit solle erreicht werden, „daß sich reiche Leute bei der Steuer nicht mehr arm rechnen können“, hieß es gestern in Kreisen der Verhandlungskommissionen. Im Rahmen der Steuerreform sei geplant, daß Verluste nur noch innerhalb einer Einkunftsart voll absetzbar seien. Verluste etwa aus einer Investition in eine südkoreanische Werft könnten dann nicht mehr voll genutzt werden, um zu versteuernde Einkünfte etwa aus Vermietungen oder Honoraren zu mindern. Gutverdienende können gegenwärtig ihre Steuerschuld erheblich senken, wenn sie derartige Steuersparmodelle nutzen. Die geplante Regelung solle erst für Einkommen ab 100.000/200.000 Mark für Ledige/Verheiratete gelten. rtr

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Auch wenn die Namen der neuen RessortchefInnen endgültig erst am Ende der Koalitionsverhandlungen nächste Woche festgelegt werden, ist die Ministerliste der künftigen rot-grünen Regierung jetzt so gut wie komplett:

Bundeskanzler: Gerhard Schröder (SPD), Kanzleramtsminister: Bodo Hombach (SPD), Staatsminister für Kultur im Kanzleramt: Michael Naumann (SPD), Außenminister und Vizekanzler: Joseph Fischer (Grüne), Finanzen: Oskar Lafontaine (SPD), Innen: Otto Schily (SPD), Justiz: Herta Däubler-Gmelin (SPD), Verteidigung: Rudolf Scharping (SPD), Arbeit und Soziales: Walter Riester (SPD), Wirtschaft: Jost Stollmann (parteilos), Bau und Verkehr: Franz Müntefering (SPD), Umwelt: Jürgen Trittin (Grüne), Familie, Frauen, Jugend: Christine Bergmann (SPD), Bildung/Forschung: Edelgard Bulmahn (SPD), Gesundheit: Andrea Fischer (Grüne), Landwirtschaft: Karl-Heinz Funke (SPD), Entwicklungshilfe: Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD). dpa

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Opfer des Nationalsozialismus sollen nach dem Willen von SPD und Grünen besser entschädigt werden. In den Koalitionsverhandlungen hätten sich beide Seiten verständigt, daß eine Stiftung für „vergessene Opfer“ der NS- Zeit eingerichtet werden solle, um bislang juristisch von Entschädigungen Ausgeschlossene zu berücksichtigen, teilte der Grünen-Rechtspolitiker Volker Beck gestern mit. Darüber hinaus sollten mit der Industrie Gespräche über eine Stiftung zur Entschädigung von Zwangsarbeitern geführt werden. AP

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Die Bündnisgrünen wollen in der beginnenden Legislaturperiode die Wehrpflicht abschaffen. Die verteidigungspolitische Sprecherin der Partei, Angelika Beer, sagte gestern vor einer Sitzung des Verteidigungsausschusses: „Es bleibt dabei, daß die Grünen abrüsten wollen und daß wir die Wehrpflicht abschaffen wollen.“ Das SPD-Ausschußmitglied Walter Kolbow sagte hingegen, diese Überlegungen entsprächen nicht den Vorstellungen der Sozialdemokraten. rtr