Homopaare werden anerkannt

■ Koalitionsverhandlungen: Durchbruch in der Frage von Homopartnerschaften erreicht – trotzdem keine Gleichstellung

Berlin (taz) – Gerade in dieser speziellen Frage kam es den Koalitionsverhandlern auf feines Sprachgefühl an. Auf eine staatliche Anerkennung homosexueller Lebensgemeinschaften hatten sich vor der Wahl zwar sowohl die SPD als auch die Grünen festgelegt. Doch die Beschlüsse stammten aus der Zeit der Opposition. Nun sollte es nach dem Willen der Sozialdemokraten darum gehen, landesweit nicht allzusehr als Homofreunde vereinnahmt zu werden – vor allem nicht von klerikalen und konservativen Kritikern.

Am Ende der Beratungen – die von zahlreichen Faxen schwuler und lesbischer Grüner und Sozialdemokraten aufgemuntert wurden – gab die grüne Fraktionschefin Kerstin Müller bekannt, daß die neue Regierung Schwulen und Lesben „eingetragene Partnerschaften mit gleichen Rechten und Pflichten“ ermöglichen werde. SPD-Justizpolitikerin Hertha Däubler-Gmelin widersprach nicht, fügte aber an, daß ein Ehegattensplitting für nichteheliche, aber eingetragene Lebensgemeinschaften nicht in Frage komme.

Details der jetzt folgenden Gesetzgebung wurden nicht weiter formuliert – auch, um sich der Frage zu entziehen, ob Homopaare gleich- oder lediglich bessergestellt werden. Beide Seiten, hieß es aus rot-grünen Kreisen, können mit dem Kompromiß leben. Geklärt werden muß nun noch, ob der oder die nichtdeutsche PartnerIn ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik erhält. Gewiß sei nur, daß Diskriminierungen im Wohn- und Mietrecht, aber auch in der Frage der Betreuung von verunglückten homosexuellen Partnern in Krankenhäusern abgeschafft werden. Bislang konnten die Eltern von schwulen Männern oder lesbischen Frauen deren PartnerInnen die Pflege untersagen – was gerade während der letzten Jahre bei vielen Aidskranken Konflikte verursachte.

Aus SPD-Verhandlungszirkeln hieß es darüber hinaus, daß ein Adoptionsrecht für Homopaare ganz gewiß nicht in Frage komme. Diskriminierungen im Familienrecht – kann etwa ein homosexueller Mensch nach einer Scheidung das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder beanspruchen? – sollen ausgeschlossen werden.

Die Reaktionen auf die Vereinbarungen fielen gemischt aus. Lore Maria Peschel-Gutzeit, Hamburgs Justizsenatorin, sprach von einem „guten Anfang“, der „überfällig“ gewesen sei. Daß es eine volle Gleichstellung nicht geben wird, müsse als „Kompromiß“ in Kauf genommen werden: „Die SPD ist eine Volkspartei, in der Beschlüsse alle mitnehmen müssen.“ Soll heißen: Konservativen Sozialdemokraten soll die Chance genommen werden, mit der Union gemeinsam gegen entsprechende Gesetze zu stimmen. Generell gelte, daß die Gesellschaft sich an die neue Rechtslage gewöhnen müsse. Zur tabuisierten Adoptionsfrage meinte sie: „Momentan bin ich dagegen. Diese Frage kann man weiter klären, wenn die neuen Formen sich bewährt haben.“

Manfred Bruns, Sprecher des Schwulenverband Deutschlands, sprach von einem „großen Sprung nach vorn für Schwule und Lesben in Richtung Gleichberechtigung“. Der ehemalige Karlsruher Bundesrichter erinnerte die SPD zugleich an ihr Wahlversprechen, auch Homosexuellen „im wesentlichen gleiche Rechte und Pflichten wie in der Ehe“ einzuräumen. Halina Bendkowski, Sprecherin des Berliner Christopher Street Day (politische schwulesbische Aktionswoche im Frühsommer), sagte: „Den Fortschritt sehe ich wohl, aber ein klein wenig bin ich enttäuscht. Eine echte Gleichheit steht weiter aus.“ Jan Feddersen