USA vermitteln am Horn von Afrika

■ Pendeldiplomatie im Grenzstreit zwischen Äthiopien und Eritrea

Nairobi (taz) – Wieder einmal sind Friedensverhandlungen zwischen Äthiopien und Eritrea gescheitert, und zum zweiten Mal innerhalb von vier Wochen ist Anthony Lake, ehemaliger nationaler Sicherheitsberater des US-Präsidenten, unterwegs in der Region, um die Konfliktparteien zum Einlenken in ihrem andauernden Grenzstreit zu bewegen. Nach Gesprächen am Mittwoch in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba sollte Lake gestern in Eritreas Hauptstadt Asmara eintreffen. Er will für einen Elf-Punkte-Plan der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) werben, der am vergangenen Wochenende den Regierungen Äthiopiens und Eritreas in Burkina Faso vorgestellt wurde. Äthiopien akzeptierte den Plan nach eigenen Angaben, Eritrea machte jedoch Äthiopien für das letztendliche Scheitern der Gespräche verantwortlich.

Obwohl sich beide Seiten in den vergangenen zwei Wochen wieder einmal heftige Artilleriegefechte an der Grenze lieferten, ist die Gefahr einer neuen Kriegsrunde jedoch nicht unbedingt größer geworden, denn Eritreas diplomatische Position ist schwach, und Äthiopien kann auf einen diplomatischen Sieg hoffen. Der Kern des am Wochenende vorgelegten Vermittlungsvorschlags sieht wie seine Vorgänger einen Rückzug Eritreas aus dem umkämpften Badme-Dreieck vor. Eine OAU- Untersuchungsgruppe hat bestätigt, daß Äthiopien diese umstrittene Grenzregion vor dem Ausbruch der Kampfhandlungen verwaltete. Durch diese Haltung muß Eritrea im Falle eines internationalen Schiedsspruchs eine ähnliche Schlappe wie im Oktober befürchten, als der Internationale Gerichtshof in Den Haag dem Land nur einen Teil der Hanish-Inselgruppe im Roten Meer zusprach, um die sich Eritrea seit 1996 mit dem Jemen streitet. Auch die Stimmung in Äthiopien ist weniger aufgeheizt als noch vor einigen Wochen.

Daß sich die USA nun wieder engagieren, erklärt sich daraus, daß der Ausbruch des äthiopisch- eritreischen Grenzkonflikts im Mai die Eindämmungspolitik der USA gegenüber dem Sudan und seiner islamistischen Regierung entscheidend geschwächt hat. Äthiopien, zuvor zusammen mit Eritrea und Uganda einer der entschlossensten Gegner des Sudan, hat sich ihm wieder angenähert. Äthiopien schloß das Büro der südsudanesischen Rebellenbewegung SPLA in Gambela, und der Sudan schloß im Gegenzug die Vertretungen der äthiopischen Oromo-Rebellenbewegung OLF auf seinem Territorium. Die staatliche Ethopian Airlines hat ihre Flüge nach Khartum wieder aufgenommen, und die Regierungszeitung Ethopian Herald forderte Anfang Oktober in einem Kommentar „die Wiederaufnahme der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Äthiopien und dem Sudan“. Der eritreische Präsident Isayas Afeworki dagegen wirbt um die Unterstützung der Golfstaaten, Ägyptens – das äthiopischen Plänen für ein Reihe von Wasserkraftwerken am Blauen Nil mit extremem Mißtrauen gegenübersteht – und ist seit dem Ausbruch der Grenzstreitigkeiten schon fünfmal nach Libyen geflogen. Peter Böhm