Ende eines chinesischen Medienstars

Hongkongs Supergangster bekommt in China die Todesstrafe, die es in der Sonderzone nicht gibt. Doch Hongkongs Regierung verzichtete auf Auslieferungsantrag  ■ Aus Peking Georg Blume

Nicht nur amnesty international wird erzürnt sein. Ginge es nach den südchinesischen Medien, dann wäre das gestrige Todesurteil des Guangzhouer Gerichtshofs gegen den 44jährigen Bandenkönig Cheung Tze-keung nie zustande gekommen. Denn jetzt droht der neuen chinesischen Medienlandschaft, die im Kanton Guangzhou auf dem Wege ist, die Freiheiten der Boulevardpresse zu erobern, ihr sagenumwobener Held abhanden zu kommen. Cheung, den sie „Big spender“ nennen, ist auch für chinesische Verhältnisse kein gewöhnlicher Gangster.

Der Hongkong-Chinese war schon 1991 bei einem spektakulären Raubüberfall mit 21 Millionen Dollar Beute verhaftet worden. Doch er kam wieder frei, nur um weitere Taten zu begehen. 1996 entführte er den Sohn des Hongkonger Multimilliardärs Li Ka Shing und ließ ihn für 134 Millionen US-Dollar, die Li in mehreren Lastwagen auffahren ließ, wieder frei. Der Husarenstreich glückte ein zweites Mal: 1997 ging der Hongkonger Immobilienmagnat Walter Kwok Ping-sheung dem Gangster ins Netz. Seine Familie zahlte 77 Millionen Dollar Lösegeld. Cheung bekam seinen Spitznamen, weil er in einer Nacht Millionen an den Spieltischen des benachbarten Macao verpraßte.

Damit ist nun Schluß. Wegen der zweiten Entführung und sieben bewaffneter Raubüberfälle auf Hongkonger Goldläden stand Cheung mit 35 Komplizen in Guangzhou vor Gericht. Er hatte diesmal das Pech, in der Volksrepublik festgesetzt zu werden. Hier arbeitet die Justitz anders als in Hongkong, wo Cheung bei seinem Revisionsprozeß 1994 die besten Anwälte einsetzte und als freier Mann im Ferrari den Gerichtshof verließ. Nach dem gestrigen Todesurteil aber droht ihm schon bald der Genickschuß. Eine Revision der Todesstrafe, für die ein Gesuch jetzt beim Volksgerichtshof der Provinz Guangdong automatisch eingereicht wird, ist unwahrscheinlich.

Der schnelle Prozeß gegen Cheung mußte einen ernsthaften juristischen Streit auslösen: Denn seine Verbrechen wurden alle in Hongkong begangen, auch wenn die Bande von China aus operierte. In Hongkong wurde immer wieder die Auslieferung Cheungs an die Justiz der ehemaligen Kronkolonie gefordert, welche die Todesstrafe nicht kennt. Doch Hongkongs Behörden verzichteten auf einen Auslieferungsantrag. Duckmäusertum vor Chinas Justiz nannten das die Kritiker. Andere hielten dagegen, daß den Hongkonger Behörden kein Beweismaterial gegen Cheung vorlag, weil die von ihm erpreßten Milliardäre auf die Zusammenarbeit mit der Polizei verzichtet hatten.