Die Deutsche Bahn hängt den Alexanderplatz ab

■ Regionalzüge halten ab Sonntag nur im Bahnhof Friedrichstraße. Dort sind alle Bahnsteige fertiggestellt. Die Nähe zum Regierungsviertel ist für die Verlagerung ausschlaggebend

Nach dreijähriger Umbauzeit werden von Sonntag an erstmals alle Gleise des Bahnhofs Friedrichstraße in Betrieb genommen. Gleichzeitig reduziert die Deutsche Bahn (DB) jedoch drastisch das Angebot im Bahnhof Alexanderplatz, der nach der Modernisierung erst im März mit großem Brimborium eröffnet worden war. Von fünf Regionalbahnlinien, die auf der Berliner Stadtbahn fahren, wird von Sonntag an nur noch eine am Alex halten. Alle anderen fahren dann über den Bahnhof Friedrichstraße. Ob mit dem Fahrplanwechsel Ende Mai 1999 wieder beide Bahnhöfe angefahren werden, ist derzeit noch unsicher.

Die Bahn begründet die Verlagerung mit der Fertigstellung der Zugänge zu den beiden Regionalbahngleisen in der Friedrichstraße. Die Kapazitäten der Strecke durch die Stadt reichten jedoch nicht aus, um alle Regionalzüge an der Friedrichstraße und am Alex halten zu lassen. Den Vorzug habe die Friedrichstraße erhalten, erläuterte die Sprecherin der DB Berlin-Brandenburg, Marlene Schwarz, weil der Bahnhof im Regierungsviertel liege. Auch der Airport Express zum Flughafen Schönefeld wird nur noch dort halten.

Über die Stadtbahnstrecke fahren täglich 190 Fernverkehrszüge (ICE, Intercity und Interregio) sowie 210 Nahverkehrszüge (Regionalbahn und -express). Hielten die Regionalzüge an beiden Bahnhöfen, würden dadurch die Fernverkehrszüge blockiert, sagte Schwarz. Entlastet werde die Strecke erst, wenn der Tiergartentunnel fertig sei, also etwa ab 2003. Dann könnten Regionalzüge wieder an der Friedrichstraße und am Alexanderplatz stoppen.

Der Berliner Fahrgastverband (IGEB) hält es für möglich, daß schon ab Mai 1999 wieder beide Bahnhöfe angefahren werden. Für einen ICE, der in Berlin ende, sei es unwichtig, zwei oder drei Minuten später den Ostbahnhof zu erreichen. Der Fahrplan könne also weniger straff gestaltet werden, dann seien genügend Kapazitäten auf der Strecke vorhanden. Der IGEB und auch die Vereinigung „Bürger für bessere Bahnen“ fordern von der DB, wieder beide Haltepunkte einzurichten.

Nach Angaben der Bahn sind 6.000 Fahrgäste täglich von der Veränderung betroffen. Nur die RE 5 von Stralsund nach Hoyerswerda wird weiterhin den Alexanderplatz anfahren. Für U-Bahn- Fahrer bedeutet der Wechsel eine Verschlechterung: Während am Alex drei U-Bahn-Linien aufeinander treffen, verkehrt an der Friedrichstraße nur die U 6. Dafür gibt es hier eine S-Bahn-Linie mehr. Die neuen Fahrpläne hängen an den Bahnhöfen aus.

Derzeit wird noch die Südhälfte des Bahnhofs Friedrichstraße umgebaut. Im Herbst 1999 will die DB die 220 Millionen Mark teure Sanierung endgültig abgeschlossen haben. Die Modernisierung des Bahnhofs Alexanderplatz hatte 125 Millionen Mark gekostet. Jutta Wagemann