Lockere Reportage oder echte Ignoranz? –betr.: „Asylknast im Norden“, „Lockere Haft oder echter Gewahrsam“, taz vom 1. 12. 98

Sind Abschiebeknäste die Humanisierung des Abschiebehaftvollzugs, weil Flüchtlinge nicht mit sogenannten Straftätern untergebracht werden? Das versucht der Bürener Knastchef Möller seit Jahren der Presse einzubleuen, und die lokalen Käseblätter kaufen's um des lieben Friedens willen gerne ab. Und jetzt lesen wir diese Message auch in der taz. Dabei verfehlt die taz nicht nur das eigentliche politische Thema, denn bei der Einrichtung von Abschiebeknästen geht es keineswegs um „Humanisierung“, sondern um Effektivierung der Abschiebung durch die Schaffung von zentralen Institutionen – und um sonst nichts. Dafür steht das rot-grüne NRW allerdings Modell, nicht umsonst hoben fast alle Massenabschiebeflüge der letzten Zeit aus Düsseldorf ab.

Schlimmer noch, die taz ignoriert hartnäckig die zum Teil gewaltsamen Auseinandersetzungen und Konflikte um Abschiebeknäste in der BRD, seien es die immer wieder aufflammenden Revolten von Abschiebehäftlingen oder die bundesweiten Demonstrationen gegen den größten Abschiebeknast Westeuropas in Büren.

Sonst wüßte auch die taz inzwischen, daß Büren alles andere als eine „Kaserne mit einem Zaun darum“ ist, sondern ein moderner Knast mit einer fünf Meter hohen Betonmauer, einer eigens zugeteilten Polizeisondereinheit und häufig belegten Arrestzellen, in denen vom taz-Interviewpartner Peter Möller eingestandenermaßen schon mal die international als Folter geächtete Schaukelfesselung angewendet wird. Und daß sich der bundesweit einzige Frauenabschiebeknast nicht in Hessen, sondern in Neuss im rot-grünen NRW befindet. Und daß das „Hauptproblem“ der Abschiebehäftlinge nicht die Differenzierung in Normal- oder Sonderknäste oder gar die zu lange „Wartezeit“ bis zur Abschiebung ist, sondern die drohende und vollzogene Abschiebung, die durch keinerlei Maßnahmen „humanisierbar“ ist. [...] Cornelia Baumgart, Hanno Gottschalk, Bochum