Schröder ganz auf rot-grüner Linie

Bundeskanzler lehnt zeitliche Begrenzung der doppelten Staatsbürgerschaft ab, sagt die stärkere Förderung regenerativer Energieträger zu und bekräftigt Atomausstieg  ■ Von Dieter Rulff

Berlin (taz) – Als die „Aufarbeitung eines Modernisierungsdefizites“ begrüßte gestern Bundeskanzler Gerhard Schröder die Reform des Staatsbürgerrechtes. Damit passe sich Deutschland in die europäische und weltweite Veränderung ein, erklärte Schröder gestern bei der Vorstellung seines Arbeitsprogramms für das kommende Jahr. Zugleich machte er deutlich, daß für ihn die doppelte Staatsbürgerschaft „nicht das Ziel des Gesetzes“ sei. Er wolle sie aber hinnehmen, um das Integrationsziel zu erreichen. Er verwies in diesem Zusammenhang darauf, daß bereits bei der Ermessenseinbürgerung der Verzicht auf die alte Staatsbürgerschaft eine Rolle spiele.

Den Forderungen der CDU/ CSU wie den Vorschlägen der FDP erteilte Schröder eine Absage. Zwar sei die Integration eine Sache, bei der es breite Übereinstimmung geben könnte. Die sei aber „nicht um den Preis der Vorläufigkeit der Integrationsentscheidung zu haben“. Die FDP hatte vorgeschlagen, die doppelte Staatsbürgerschaft nur bis zum Erreichen der Volljährigkeit zu erteilen und danach von dem Betreffenden eine Entscheidung zu verlangen.

Andererseits verteidigte Schröder die im Regierungsentwurf festgeschriebenen Einschränkungen bei der Erteilung der Staatsbürgerschaft. So sei es „eine blanke Selbstverständlichkeit“, daß jemand, der kriminell geworden sei, nicht mit der Staatsbürgerschaft belohnt werde, und daß sich der Bewerber zu der Verfassung bekennt. Auch solle er „in der Lage sein, für sich selbst zu sorgen“.

Als wesentliche Bestandteile seines Programms nannte er zudem die europäische Ratspräsidentschaft, das Bündnis für Arbeit und eine fortschrittliche Energiepolitik.

In deren Vordergrund stehe der Einstieg in eine wettbewerbsfähige und moderne Energieversorgung, die ohne Atomenergie auskomme. Schröder versprach, bei der Förderung der regenerativen Energien über den bisher im Haushalt eingestellten Betrag von 18 Millionen Mark hinauszugehen. Das sei mit Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine abgesprochen. Diese Initiative sei mit den Grünen am Dienstag abend dankbar aufgenommen worden. Allerdings wurde noch kein konkreter Förderbetrag festgelegt. Die Grünen hatten auf einer Summe von 300 Millionen Mark bestanden.

Bei der Atomgesetznovelle ist das Problem der Wiederaufarbeitung nach Schröders Worten so gelöst worden, daß binnen Jahresfrist eine hinreichende Sicherheit bei den internationalen Verpflichtungen gegeben ist. Die Industrie sei nicht generell gegen Endlager, sie wolle jedoch die Frage des Entsorgungsnachweises geklärt wissen, die Grundlage für den Weiterbetrieb der Kraftwerke. Schröder bekräftigte, Restlaufzeiten für die bestehenden Meiler zu vereinbaren. Er wollte jedoch keine konkrete Zahl nennen, „weil das die andere Seite zur Ablehnung und den Partner zum Unterbieten anregt“.

Der Komplex soll Thema der Konsensgespräche sein, die für den 26. Januar geplant sind. Schröder geht davon aus, daß sie stattfinden werden, „trotz der ein oder anderen Reserve hier und dort“.