Hinrichtung in Arizona: zwei Stunden im Todeskampf

USA Bis zuletzt hatten die Anwälte vergeblich Aufklärung über den Giftcocktail gefordert

„Erschießungskommandos sind sicherer und human“

RICHTER ALEX KOZINSKI

NEW YORK taz | Wie die Henker in Ohio und Oklahoma haben am Mittwochnachmittag auch die des Bundesstaats Arizona die Hinrichtung eines Mannes zu einer langen Qual gemacht. Das Sterben von Joseph Wood III. dauerte eine Stunde und 58 Minuten. Ein Augenzeuge der Exekution in Florence, Arizona, zählte, dass Woods 640-mal nach Luft schnappte und schnaufte. Ein anderer zählte 660 letzte Versuche zu atmen. „Es war bestürzend“, sagte anschließend der Journalist und Augenzeuge Troy Hayden: „Wie ein gefangener Fisch, den man auf den Boden wirft und der immer wieder das Maul auf- und zumacht“.

In Arizona wurde – wie zuvor in anderen der sieben Bundesstaaten der USA, in denen in diesem Jahr im Gerichtsauftrag getötet wurde – ein Cocktail aus zwei Medikamenten benutzt: Midazolam, ein Medikament gegen Angstzustände, und Hydromorphone, ein Opiat, das als Schmerzmittel verwendet wird. Doch die genaue Zusammensetzung, die Herkunft der Drogen und die Details ihrer Verabreichung wurden geheim gehalten.

Die Anwälte von Wood haben bis zum letzten Moment versucht, auf dem Gerichtswege Aufklärung über den Cocktail zu bekommen, der ihrem Mandanten verabreicht werden sollte. Anwalt Dale Baich argumentierte: „Es schadet unserer Demokratie, wenn die Öffentlichkeit, die Gerichte und der Verurteilte nicht wissen, ob die Hinrichtung den Gesetzen entspricht.“

Erstmals in der US-Geschichte folgte ein Berufungsgericht dieser Argumentation. Doch am Dienstag entschied das oberste Gericht der USA, dass Arizona das Recht habe, Wood ohne Offenlegung der Details zu töten.

Nach der vermurksten Hinrichtung sagte der Anwalt des Toten: „Arizona hat ein Experiment mit meinem Mandanten durchgeführt.“ Und die Bürgerrechtsorganisation Aclu hielt fest, dass dies eine „grausame und ungewöhnliche Strafe“ gewesen sei. Das verstößt auch in jener Mehrheit von US-Bundesstaaten gegen das Gesetz, in denen die Todesstrafe weiterhin legal ist. Sie alle haben Nachschubprobleme, nachdem eine öffentliche Kampagne vor allem in Europa Pharmaunternehmen unter Androhung von Boykott aufforderte, keine Medikamente zum Töten an den US-Strafvollzug zu verkaufen.

Alex Kozinski, ein Richter am 9. Berufungsgericht, hat das Problem mit dem Tötungscocktail „kommen sehen“. Deswegen sprach er sich aber nicht gegen Hinrichtungen aus, sondern dafür, Gefangene künftig mit Erschießungskommandos zu töten. Das sei „primitiver“, aber „fehlersicher“ und „human“.

Die Gouverneurin des Bundesstaats Arizona, Jan Brewer, eine Republikanerin vom rechten Parteirand, ordnete am Mittwochabend eine „unabhängige Überprüfung“ der Hinrichtung Woods an.

Wood hatte 1989 seine ehemalige Freundin Debra Dietz und deren Vater ermordet. Debra Dietz’ Schwager wohnte der Hinrichtung ein Vierteljahrhundert nach der Tat bei. Den JournalistInnen, die ihn zu dem Todeskampf von Wood befragten, rief Richard Brown am Mittwochabend ungehalten zu: „Fahrt zur Hölle! Anders als meine Schwägerin vor ihrem Tod hat dieser Mann gelächelt und gelacht. Dann ist er eingeschlafen.“DOROTHEA HAHN