Geldgier und Machthunger für tausend Jahre

■ Historischer Rückblick: Echten Reichtum bringen nur Steuern, dreckige Deals, Kriege oder Kredite

Berlin (taz) – Hier ein geerbtes Vermögen, da eine gutdotierte Stellung: Reich werden ist heute eigentlich kein Problem. Aber wirklich reich zu sein, so daß die Menschen noch nach Jahrhunderten davon reden, dazu gehört die richtige Mischung aus Machtstreben, Genialität und Rücksichtslosigkeit. Das zeigt eine Aufstellung von 27 superreichen Menschen der letzten 1.000 Jahre, die das Wall Street Journal jetzt vorgelegt hat.

Wer es ernst meint mit der Bereicherung, hat nach der Liste eigentlich nur vier Möglichkeiten: unsaubere Geschäfte, Geld besitzen und verleihen, Steuern erheben oder sein Vermögen durch Morden und Plündern vergrößern – diese Methode war vor allem zu Beginn des Jahrtausends beliebt: Enrico Dandolo (1107–1205) etwa, Herrscher von Venedig, finanzierte seinen opulenten Palazzo durch die Plünderungen von Konstantinopel, Dschingis Khan (1162–1227) eroberte das heutige China, Rußland, Iran, Irak, Birma, Vietnam und Korea. Albrecht Wenzel von Wallenstein (1583–1634), wurde im Dreißigjährigen Krieg reich, als er das Münzwesen in Böhmen manipulierte und 60 Ländereien von geschlagenen Gegnern aufkaufte.

Zu den Herrschern, die ihren Reichtum aus ihren Untertanen preßten, gehört neben dem Aztekenkaiser Montezuma II. (1466– 1520), der sich täglich 300 verschiedene Speisen zubereiten ließ, auch Heinrich VIII. von England, der über umgerechnet 250 Millionen US-Dollar verfügte. Unter Papst Innozenz III. (1160– 1216) erreichte die katholische Kirche ihre größte wirtschaftliche Macht, indem sie den Christen ihre Sünden nur gegen Bares erließ.

„Der König regiert, aber die Bank herrscht“, war der Wahlspruch von Jakob Fugger II. (1459–1525), der als erster bewies, daß Geldverleih reich machen kann. Er prägte sein eigenes Geld, war der Bankier des Papstes und finanzierte die Wahl Karl V. zum Kaiser. Nathan Rothschild (1777– 1836) finanzierte mit seinem Geld in den Napoleonischen Feldzügen den Sieg der Briten.

Mit unsauberen Geschäften schaffte es John D. Rockefeller (1839–1937) auf die Millennium- Liste des Wall Street Journal. Seine Standard Oil Company kontrollierte zeitweise 95 Prozent der US- Ölraffinerien und 2,5 Prozent des Bruttosozialprodukts der USA. Rockefeller spendete insgesamt 8,3 Milliarden Dollar für wohltätige Zwecke. Der Brite Cecil Rhodes (1853–1902), laut Liste von Beruf „Imperialist“, kontrollierte 90 Prozent der Welt-Diamantenvorkommen und gründete Rhodesien (heute: Simbabwe) für die Suche nach Edelsteinen. Wie sauber die Geschäfte von Bill Gates (1955) sind, mit denen dieser sein 75-Milliarden-Dollar-Vermögen zusammenbrachte, wird gerade vor Gericht geklärt.

Manchmal endet Reichtum tragisch: Nicolas Fouquet (1615– 1680) gab gegenüber dem französischen König Louis XIV. mit seinem prächtigen Schloß Vaux le Vicomte so an, daß dieser ihn ins Gefängnis warf und seinen Besitz beschlagnahmen ließ. Hetty Green (1835–1916), die „Hexe von Wall Street“, verzehnfachte ihre Erbschaft von 10 Millionen Dollar durch Bankgeschäfte und extreme Knauserigkeit: Ihr Mann ging pleite, ihrem Sohn mußte ein Bein amputiert werden, weil der Arzt nicht früh genug bezahlt wurde. Auch der Ölmagnat J. Paul Getty (1892–1976) mit einem Vermögen von bis zu 17 Milliarden US-Dollar hielt sein Geld zusammen: In seiner Wohnung gab es als Telefon für Gäste nur einen Münzfernsprecher. Bernhard Pötter