Erste deutsch-polnische Elitestudie vorgelegt

■ Ergebnis: Die Gemeinsamkeiten sind größer als die kulturellen Unterschiede

Berlin (taz) – Im Berliner Wissenschaftszentrum für Sozialwissenschaften ist gestern die „erste deutsch-polnische Elitestudie“ vorgelegt worden. Der Soziologe Wolf-Dieter Eberwein und Janusz Reiter, von 1990 bis 1995 polnischer Botschafter in Deutschland, haben die „Machteliten“ beider Länder untersucht und nach einer gemeinsamen Interessen- und Wertegemeinschaft „jenseits der Ritualisierung und Ermüdung des polnisch-deutschen Verhältnisses“ (Reiter) gefragt. 400 deutsche und 312 polnische Vertreter der Medien und Parteien, aus Wirtschaft, Justiz und Kirche beteiligten sich an dem vom Bildungsministerium finanzierten Projekt.

Die „gute Nachricht“ sei, so Reiter, daß in beiden Ländern ein hohes Maß an europäischer Integrationsbereitschaft herrsche. Die gemeinsame Identifikation“ dagegen lasse „zu wünschen übrig“. Während sich die Eliten beider Länder stark zur nationalen Identität bekennen, sieht es bei den Gemeinsamkeiten anders aus. Nur 16 Prozent der Polen und 21 Prozent der Deutschen haben viel mit dem Nachbarn gemein. Eberwein erklärt: „Es besteht trotzdem eine gemeinsame Identität, nur ist es eine vermittelte über die EU-Identität.“ Unterschiedlich sei auch der symbolische Wert des bevorstehenden polnischen Nato-Beitritts und der EU-Integration.

Doch letztlich sind die Gemeinsamkeiten laut Reiter viel größer als die kulturellen Unterschiede. „Ich hätte mir fast mehr Kontroversen gewünscht. Sonst könnte die Politik sagen: ,Es ist doch alles beim besten‘ – so ist es aber nicht.“ Markus Völker