Der letzte Paukenschlag aus London

■ „Hier ist England“ nur noch auf englisch: Die BBC stellt ihren deutschen Dienst nach 60 Jahren ein

Berlin/London (taz/AP) – Es gibt nur wenige solche Legenden in der Rundfunkgeschichte. Es begann mit der dramatischen Rede des britischen Regierungschefs, für Deutschland übersetzt. Es war der „Feindsender“ schlechthin, den zu hören mit der Todesstrafe bedroht war. Später prägte das Programm das Vertrauen in eine Rundfunkordndnung, an der sich das demokratisierte Deutschland ein Beispiel nahm. Doch nun wird der legendäre deutsche Dienst der BBC, dessen Erkennungszeichen vier dumpfe Paukenschläge sind, nach etwas mehr als 60 Jahren endgültig eingestellt. Schon Ende März werde es soweit sein, gab gestern Mark Byford bekannt, der Intendant des BBC-World-Service, des aus Steuergeldern finanzierten Auslandsdienstes.

„Deutschland verfügt heute über eine reichhaltige und vielfältige Medienlandschaft, und wie unsere jüngsten Untersuchungen in Berlin zeigen, erreichen wir dort mit Sendungen in englischer Sprache ein größeres Publikum unter den meinungsbildenden Hörergruppen als mit deutschen Programmen.“ Mit diesen Worten begründete Byford die Entscheidung. Die Mitarbeiter des deutschen Dienstes – 29 fest angestellte und zahlreiche freie – äußerten allerdings umgehend Zweifel an dieser Studie über die Präferenzen der deutschen Hörer. Auch sei den Beschäftigten nie mitgeteilt worden, daß eine solche Untersuchung überhaupt angestellt worden sei, kritisierte ein Redakteur. Er glaubt, daß die Entscheidung auf rein finanziellen Erwägungen basiert.

Darüber war in den vergangenen Wochen immer wieder spekuliert worden. 152 Millionen Pfund aus dem Etat des Außenministeriums verschlingt der World Service jährlich. Doch seit dem vergangenen Jahr wird ein Sparprogramm diskutiert, das zum Ziel hat, diesen Betrag um ca. 20 Millionen Pfund zu reduzieren. Der französische und der finnische Dienst waren neben anderen bereits in den letzten Jahren geschlossen worden. Die Entscheidung über die Einstellung wurde nun offenbar von der BBC- Spitze und dem Außenministerium gemeinsam getroffen.

Da die Diskussion über das Sparprogramm spätestens seit dem Frühsommer bekannt war, konnte die Entscheidung niemanden in London überraschen. Schockiert zeigten sich die Mitarbeiter allerdings darüber, daß die Schließung ihres Senders so kurzfristig erfolgen soll. Zwar werden die Gehälter noch bis August weitergezahlt, aber schon in sechs Wochen werden alle erst einmal arbeitslos sein.