Firmen sollen für Genpflanzen haften

EU-Parlament fordert deutliche Verschärfungen der von der Kommission vorgelegten Verordnung zur Freisetzung von Genpflanzen. Debatte auch zu Altautoverordnung und besserer Wassergüte  ■ Aus Straßburg Daniela Weingärtner

Neben den Dauerbrennern Agenda 2000 und Kosovo-Konflikt standen diese Woche im Straßburger Parlament auch Richtlinien zur 1. Lesung an, deren Folgen Europas Bürger als Verbraucher von Energie und Wasser, als Käufer gentechnisch veränderter Produkte und als Autohalter im Alltag zu spüren bekommen werden. Bei der Kontrolle gentechnisch veränderter Organismen gab es Fortschritte. Das lag aber auch daran, daß die Kommission bereits einen Entwurf vorgelegt hatte, der strengere Regeln für Freisetzung und Vermarktung vorsieht.

Dennoch setzte das EU-Parlament gestern eine Reihe von Verschärfungen durch: Auf Antrag der Grünen wurde die Gruppe von Organismen, die auf Unbedenklichkeit geprüft werden muß, erweitert. Vor allem die sogenannten „auskreuzbaren“ Pflanzen sollen gründlich getestet werden. So soll die Gefahr eingedämmt werden, daß herbizid-resistente Pflanzen mit Unkräutern neue Kreuzungen bilden, die dann wiederum gegen Unkrautvernichtungsmittel resistent sind. Außerdem regten die Grünen an, daß Produzenten genveränderter Produkte für Schäden haftbar gemacht werden können und sich gegen dieses Risiko versichern müssen. Der obligatorische Versicherungsschein, der diese Vorschrift erst wirksam macht, fand im Parlament gestern ebenfalls eine Mehrheit. Außerdem wurde eine Erweiterung der Kennzeichnungspflicht für genmanipulierte Pflanzen beschlossen.

Bei der Altautoverordnung ist vor allem die Frage umstritten, wer die Schrottverwertung bezahlen soll. Die Autohersteller wehren sich gegen den Vorschlag der Kommission, daß die Recyclingkosten bereits mit dem Neukauf des Wagens anfallen sollen, statt den letzten Halter zu belasten. Umweltschutz- und Verbraucherverbände meinen aber, daß nur ein kostenloses Angebot Anreiz sein kann, den Wagen tatsächlich zum Recycling zu bringen. In der EU werden jährlich bis zu 9 Millionen Fahrzeuge stillgelegt – Abfall in der Größenordnung von 8 Millionen Tonnen. In einigen Mitgliedsländern landen Wracks einfach am Straßenrand oder im nächsten See.

Von noch größerer Tragweite ist die Wasserrahmenrichtlinie, die die Wasserqualität für die nachfolgenden Generationen festlegen wird. Während nach dem Kommissionsentwurf Flüsse, Küstengewässer und Grundwasser weitere 34 Jahre mit gefährlichen Substanzen belastet werden dürfen, fordern Verbraucherverbände Grenzwerte und ein völliges Einleitungsverbot ab dem Jahr 2020. Im Europaparlament scheiden sich beim Thema Gewässerschutz die Geister nicht entlang der Fraktionsgrenzen, sondern an den Ländergrenzen. Die Meinungen hängen nicht zuletzt davon ab, ob Wasser im jeweiligen Land ein knappes Gut oder im Überfluß vorhanden ist. Während die Engländer Grenzwerte ablehnen und nur den Reinheitsgrad als Maßstab akzeptieren wollen – in große Gewässer dürfte also entsprechend mehr eingeleitet werden als in kleine – vertreten die Deutschen einen grenzwertorientierten Ansatz. Sie verlangen außerdem, daß nur Häfen von der strengen Regelung ausgenommen werden. Nach englischen Vorstellungen könnte für 90 Prozent aller Gewässer eine Ausnahmeregelung beantragt werden. Die Spanier und Portugiesen dagegen fürchten, daß strenge europaweite Wasserrichtlinien ihre nationalen Verfügungsmöglichkeiten einschränken.

Die Abstimmungen über die Altautoverordnung und die Wasserrahmenrichtlinie waren bei Redaktionsschluß noch nicht beendet. Es ist aber wenig wahrscheinlich, daß die Grenzwert-Lösung im Parlament eine Mehrheit findet. Aus Umwelt- und Verbrauchersicht wird die Straßburger Woche magere Ergebnisse bringen. Am 13. März wird sich der Ministerrat mit den Kompromissen befassen. Zusammen mit der Kommission muß er einen gemeinsamen Standpunkt erarbeiten, der dann im Parlament zur 2. Lesung vorgelegt wird. Da der Amsterdamer Vertrag, der die Parlamentsrechte erweitert, voraussichtlich im Juni in Kraft tritt, können die neuen Umweltrichtlinien nur mit parlamentarischer Zustimmung wirksam werden. Die Mehrheitsverhältnisse in der 1. Lesung haben aber deutlich gemacht, daß aus Straßburg nur zaghafte Impulse zu erwarten sind.