Der Totengräber am Endlager

Vor BIs und Betriebsrat erklärt Trittin, wie er das Endlager Gorleben überflüssig machen will: mit einer Kommission, in der auch Gorleben-Gegner sitzen  ■ Aus Dannenberg Jürgen Voges

„Unser Vertrauen in die Politik liegt tief im Salzstock Gorleben begraben“, sagte Mittwoch abend die Vorsitzende der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, Susanne Kamien. Schließlich sei die 22jährige Geschichte des Gorleben-Widerstands auch eine der gebrochenen Politikerversprechen. Auch von Bundesumweltminister Trittin wollten sich die AKW-Gegner nicht mit Absichtserklärungen abspeisen lassen. Beim Endlager Gorleben etwa soll Trittin den Antrag auf eine Verlängerung der Genehmigung für die „Erkundung“ des Endlagers zurückziehen, die Ende des Jahres ausläuft. Die Verlängerung hatte noch die alte Bundesregierung beantragt.

Trittin sagte am Mittwoch abend die Rücknahme dieses Antrages zu – allerdings mit Vorbehalten: „Wir wollen die Erkundung des Salzstocks vor Ende 1999 beenden. Die Planung dafür liegt vor“, versicherte der Bundesumweltminister. Allerdings müsse die Erkundung ohne Regreßforderungen derjenigen beendet werden, die sie bisher vorfinanziert hätten, der AKW-Betreiber also. Das müsse „noch etwa bis Ostern“ geprüft werden.

Dem Betriebsrat der Gesellschaft zum Endlagerbau, der ihn als „Totengräber unserer Arbeitsplätze“ bezeichnete, erklärte Trittin gestern auf seiner Tour durch die Gemeinde, daß von den „295 im Projekt Gorleben bisher Beschäftigten nach der Unterbrechung der Erkundung noch 80 weiter benötigt werden“. Diese sollen dann dafür sorgen, daß das Endlagerbergwerk nicht verfällt, solange Gorleben bei der Suche nach einem künftigen Endlagerstandort noch mit im Spiel ist.

Kriterien für dieses eine Endlager, das Rot-Grün plant, sollen auf einem „Endlagerkongreß“ erörtert und anschließend von einem 12köpfigen Expertengremium erarbeitet werden. Dessen Besetzung gab Trittin gestern bekannt. In dem Gremium werden neben offiziellen Institutionen, wie etwa aus dem Bundesamt für Strahlenschutz, dem Forschungszentrum Karlsruhe oder der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, auch die Geologen vertreten sein, die sich wie etwa Detlef Appel oder Klaus Duphorn in der Vergangenheit als scharfe Kritiker des Endlagers Gorleben einen Namen gemacht haben, darunter auch die Gruppe Ökologie aus Hannover.

So besteht die Hoffnung, daß Gorleben aus der Reihe der möglichen Endlagerstandorte im Zuge der Kriteriensuche endgültig ausscheidet. Zwei Jahre peilt Trittin als Dauer für den Prozeß an, doch auch ihm ist klar, daß die endgültige Entscheidung über Gorleben sich sehr viel länger hinziehen kann – länger vielleicht als ein Regierungswechsel in Bonn. Die CDU könnte das Endlager sehr schnell wiederaufleben lassen.

Drängen will Trittin auch weiter auf ein schnelles Ende der Wiederaufarbeitung von bundesdeutschem Atommüll in England und Frankreich. „Selbst volle Lagerbecken in den AKWs werden noch nicht automatisch weitere Genehmigungen für Transporte ins Ausland nach sich ziehen“, kündigte der Bundesumweltminister an. Bei jeder Transportgenehmigung werde die schadlose Verwertung der Brennelemente durch die Wiederaufarbeitung entsprechend dem Atomrecht nachzuweisen sein, kündigte Trittin an. Eine bloße Zwischenlagerung im Ausland oder eine Wiederaufarbeitung, die nur zur Vermehrung von nichtverwertbaren Produkten führt, entspricht dem geltenden Atomrecht in Trittins Augen nicht.