Rückkehr mit leeren Händen

Stundenlang hat US-Unterhändler Holbrooke mit Jugoslawiens Präsident in Belgrad verhandelt. Umsonst. Milošević läßt es auf eine Konfrontation ankommen  ■ Aus Belgrad Andrej Ivanji

Auch der amerikanische Balkan-Joker Richard Holbrooke mußte Belgrad gestern mit leeren Händen verlassen. Acht Stunden redete er erfolglos auf Jugoslawiens Präsident Slobodan Milošević ein, einer Stationierung von Nato-Truppen im Kosovo zuzustimmen. „Ich war schon 48mal in Belgrad. Milošević und ich haben Hunderte von Gesprächsstunden hinter uns. Manche waren erfolgreich und manche, wie dieses, eben nicht. Wir haben jedoch noch einige Tage Zeit, man sollte noch keine überstürzten Schlüsse ziehen“, erklärte Holbrooke. Milošević wisse, daß der Aktivierungsbefehl der Nato weiter gilt und daß die USA und die EU ihren Standpunkt nicht ändern würden.

Milošević selbst teilte seinem Volk und der Weltöffentlichkeit abermals mit: „Ausländische Truppen haben im Kosovo nichts zu suchen!“ Einige Analytiker in Serbien meinen, daß man Milošević' Härte im Verhandlungsprozeß um den Kosovo letztendlich Holbrooke selbst zu verdanken habe. Dieser schrieb in seinem Buch „Meine Mission – Vom Krieg zum Frieden in Bosnien“, das gerade die serbische Tageszeitung Danas veröffentlicht, er habe sich in Dayton gewundert, wie überraschend schnell Milošević in einigen, für die bosnischen Serben wesentlichen Punkten nachgegeben habe. Nun wolle Milošević seinen alten Verhandlungspartner eines Besseren belehren. Ein zusätzliches Hindernis für europäische und amerikanische Unterhändler ist die launenhafte Haltung der kosovo-albanischen militärischen Führung. Zwar hätten die Anführer der Kosovo- Befreiungsarmee (UÇK), ausgenommen einige lokale Kommandanten, dem Plan der Kontaktgruppe für den Kosovo zugestimmt, erklärte der EU-Kosovobeauftragte Wolfgang Petritsch, doch angesichts bisheriger Erfahrungen sollte man lieber darauf warten, bis man ihre Unterschrift auf dem Dokument gesehen hat. Und solange nicht alle relevanten politischen und militärischen Vertreter der Kosovo-Albaner unterschreiben, könnten die internationale Gemeinschaft und die Nato keinen konzentrierten Druck auf Belgrad ausüben.

Trotzdem hat der diplomatische Druck auf jugoslawische und serbische Behörden in Belgrad drei Tage vor einer voraussichtlichen Fortsetzung der Kosovo-Konferenz in Frankreich seinen Höhepunkt erreicht. Nach EU-Ratspräsident und Außenminister Joschka Fischer sowie Holbrooke wurde auch Griechenlands Außenminister Papandreou von Milošević in seinem „Weißen Schloß“ empfangen. Rußlands Außenminister Igor Iwanow wird heute in Belgrad erwartet. Alle verlangen von Milošević nur eins: einer friedlichen Stationierung von Nato-Truppen im Kosovo zuzustimmen und so eine Konfrontation mit dem westlichen Bündnis zu vermeiden.

Doch dieser Tage ist in Serbien nicht die leiseste Spur einer Kompromißbereitschaft zu entdecken. „Unser Präsident und oberster Befehlshaber, Slobodan Milošević, hat mehrmals betont, daß der Kosovo keinen Preis hat“, erklärte General Nebojsa Pavković, Kommandant der dritten jugoslawischen Armee im Kosovo. Die Armee würde ihr Land vor jeder Macht verteidigen. Man müßte jedoch auch mit der fünften Kolonne im Lande abrechnen, die behaupten würde, „Jugoslawien könnte sich nicht der ganzen Welt widersetzen und gegen die ganze Welt kämpfen“.

Nicht weniger überzeugend äußerte sich die erste Dame des Landes, Milošević' Gattin, die Vorsitzende der regierenden „Jugoslawischen Linken“, Mirjana Marković. „Auch im Zweiten Weltkrieg hatte es unser Land so schwer. Damals wie heute störten die größte Macht der Welt bei ihrem wahnsinnigen Feldzug in der ganzen Welt vor allem Jugoslawien und Serbien!“ Diesmal wolle Amerika die Serben zerstören, und die amerikanische „Moral ist finster“. Die Menschenrechte würde dieses Amerika, das seine Indianer ausgerottet habe, als Ausrede für einen Angriff auf die ganze Welt ausnützen. Die Serben würden sich nicht kampflos dem tragischen Schicksal der Indianer, Schwarzen, Kurden und Juden fügen.