FU-Filz: Der exekutive Arm der Undogmatischen

■ Nach dem Willen der FU-Leitung soll Peter Lange Herr über 6.000 Uni-Beschäftigte und eine halbe Milliarde Mark werden. Dem mit viel Geld ausgestatten Forschungsverbund SED-Staat wäre das recht

Das Treffen fand im Clubhaus der Freien Universität statt, und die Herren blieben unter sich. In der Villa am Wannsee sprach die Uni-Leitung klandestin über eine Beförderung. Peter Lange, bislang Leiter des Präsidialamtes, wurde auserkoren, künftig alle Macht über die universitären Ressourcen bei sich zu vereinen. Offiziell verkaufte man die Personalie vom Dreikönigstag als ein Versprechen auf die finanzielle Zukunft der Dahlemer Universität. Der Noch- Präsidialamtsleiter solle das ganz neu eingeführte strategische Controlling leiten. Auch Hochschulen sollen nämlich neuerdings nicht mehr wie Behörden, sondern wie Unternehmen geführt werden. Ohne Controlling geht das nicht.

Controlling ist ein betriebswirtschaftlicher Terminus, er bedeutet nicht kontrollieren, sondern steuern, leiten, heißt: immer unter Kontrolle haben. „Wer immer an der Freien Universität noch eine Stelle haben will, sollten diesen Mann gut kennen“, urteilt ein Kollege aus der Hochschulleitung der TU Berlin über den neuen Posten Langes.

Lange, der künftig administrativer Herr über 6.000 Beschäftigte und einem Sachmitteletat von einer halben Milliarde Mark ist, bekommt seine neue Stelle auf Kosten zweier Mitarbeiter. Die bisherigen Abteilungsleiter, eine hochdotierte Fachfrau, die aus dem Verteidigungsministerium an die FU wechselte, und ein altgedienter Beamter müssen ihre Posten schlicht abgeben. „Da werden zwei hochbezahlte Beamte zum Tütenkleben geschickt, damit Lange diesen Job bekommt“, empört sich ein Mitarbeiter des Präsidialamts. Eine Ausschreibung für die Stelle gab es nicht – aber darüber regt sich an der verklüngelten FU schon gar niemand mehr auf.

Finanzcontrolling gilt in der Branche als heikler Job; man braucht „unpolitische Fachleute“ – sie sollen die Unternehmensziele durch gezielte Mittelzuweisungen befördern. Ein politische Färbung nämlich könnte den Controller dazu verführen, Finanzströme umzuleiten. Ist diese Gefahr bei Lange gegeben?

Lange gehört der sogenannten „Undogmatischen“ Gruppierung an der Freien Universität an. Er vertritt diesen politischen Flügel aber nicht in den Gremien der Uni. Lange tut seinen Job in der Verwaltung. Die Undogmatischen haben ihren Name daher, daß sie die Flügelkämpfe der in den 60er und 70er Jahren hochpolitisierten Universität durchbrochen haben: Sie koalierten, unabhängig von der politischen Farbe, um sichere Mehrheiten in der umkämpften Hochschule herzustellen – durch die Wahl etwa des Präsidenten Heckelmann, dem sie ihre Stimmen gaben.

Heute sind einige von ihnen im Sonderforschungsbereich „SED- Staat“ angestellt, einer Verbindung von Projekten verschiedener Fachbereiche. Die Forscher befassen sich damit, wie die SED ihre Macht über eine ausgeklügeltes System sicherte und ausbaute – ein Gebiet, auf dem der ebenfalls „undogmatische“ Projektleiter Klaus Schroeder als ausgewiesener Kenner gilt. Auch rein haushaltstechnisch gesehen, sind die SED-Forscher nahe an der Zentralgewalt angesiedelt. Ihre Geschäftsstelle erhält Mittel direkt vom Präsidenten, Johann W. Gerlach, für den gerade ein Nachfolger gesucht wird.

Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan findet die Leistungen der SED-Forscher so ansprechend, daß sie sie gerne von der Anbindung an die Uni-Verwaltung lösen will. Sie sollen einem Fachbereich verbunden werden, der Politik- oder der Geschichtswissenschaft. Das diene dazu, die SED-Forscher zu liquidieren, kommentiert Projektleiter Schroeder das bitterlich. Er fürchtet administrative Tricks. Wenn sein politischer Gefährte Peter Lange seinen Job antritt, braucht sich Schroeder davor nicht mehr schrecken. Im Gegenteil. Es gibt dann niemand Einflußreicheren als Lange im Präsidialamt, um die Wünsche der SED-Forscher undogmatisch umzusetzen: ein interdisziplinäres Zentrum, das unabhängig von den Fachbereichen die DDR-Machtstrukturen untersuchen soll – ausgestattet mit ein paar festen Stellen. „Wenn Peter Lange diesen Job kriegt, dann haben die Undogmatischen eine echte Kriegskasse in Händen“, beurteilt das studentische Kuratoriumsmitglied Ulrike Gonzales die Lage.

Doch soweit ist es noch nicht. Die Frauenbeauftragte Christine Färber hat gegen Langes Berufung ihr Veto eingelegt. Wie lange dieses wirkt, muß sich zeigen. Färber hat gerade ihrer Nachfolgerin Platz gemacht. Jetzt ist die Uni-Leitung wieder am Zug. Christian Füller