Strafjustiz unterbesetzt

■ Staatsanwälte fordern mehr Personal

Berliner Staatsanwälte schlagen Alarm. Mit einem heutigen Pressegespräch unter dem Titel „Krise bei der Staatsanwaltschaft gefährdet den Rechtsstaat und die öffentliche Sicherheit“ will die Vereinigung Berliner Staatsanwälte e. V. (VBS) auf die „zunehmend dramatische Entwicklung“ in der Strafjustiz“ hinweisen. Die Vereinigung vertritt 150 Staatsanwälte.

Etwa 180 Staatsanwälte haben bisher einen Aufruf unterzeichnet, in dem alle verantwortlichen Politiker, insbesondere der Senat, aufgefordert werden, „der zunehmend dramatischen Entwicklung entgegenzuwirken“.

Angeprangert wird die „katastrophale personelle Unterbesetzung“ von bis zu 25 Prozent im Vergleich zum Bundesdurchschnitt, veraltete Arbeitsabläufe und antiquierte Führungsstrukturen. „Damit ist eine effektive Strafverfolgung nicht mehr möglich“, sagte gestern die amtierende Vorsitzende des VBS, Vera Junker.

Die Folgen der Unterbesetzung sind nach Angaben der VBS vielfältig: weniger Haftbefehle und Rechtsmittel, zu viele „Deals“ zwischen Richtern, Staatsanwälten und Verteidigern, Nichtbearbeitung von Verfahren der schweren Wirtschafts- und Steuerkriminalität .„Gerade diesen Milieus ist bekannt, daß die Staatsanwaltschaft zu einer konsequenten Verfolgung von Kriminalität nur in der Lage ist, wenn die Straftaten besonders einfach nachzuweisen oder (für die Öffentlichkeit) besonders schwerwiegend sind“, heißt es weiter.

Nach Ansicht der Staatsanwälte ist eine Verstärkung der Polizei nicht geeignet, die Kriminalität wirksamer zu bekämpfen. „Unsere Forderung ist ganz einfach“, so Vera Junker, „einhundert Leute mehr.“ Die Staatsanwältin beklagt, daß nach zahlreichen Gesprächen mit Richterbund, Justizverwaltung, Generalstaatsanwaltschaft etc. außer „Verständnisäußerungen“ nichts passiert sei.

B. Bollwahn de Paez Casanova