Die letzte eigenständige Vorstellung

■ Künftig geht der Bundesbankgewinn nicht mehr direkt an den Bund, sondern in den Pool der EZB. Schaden tut das angeblich nicht

Berlin (taz) – Beim letzten Satz – „So wahr mir Gott helfe“ – mag Hans Eichel mit den Gedanken schon nicht mehr bei seiner Vereidigung als neuer Bundesfinanzminister, sondern schon ein bißchen weiter gewesen sein und leise mit eingeschlossen haben: „Und Herr Tietmeyer und die Deutsche Bundesbank.“ Denn die hatten für wenige Stunden später zu einer Pressekonferenz anläßlich des Jahresabschlußberichts 1998 geladen. Und der zu erwartende zweistellige Milliardengewinn könnte wenigstens einen kleinen Teil der Probleme lösen helfen, mit denen sich Eichel schon bald konfrontiert sehen wird. Der Überschuß wird beinahe ungeschmälert an den Bund überwiesen, nur ein paar Millionen Mark bleiben als Risikorücklage bei der Bundesbank.

Allerdings ist ein Teil der Summe schon aufgebraucht. Genau sieben Milliarden Mark sind unter dem Stichwort „Sonstige Einnahmen, Bundesbankgewinn“ bereits im Bundeshaushalt für das laufende Jahr eingeplant – übrigens kein spezieller Rechentrick von Eichels Vorgänger Oskar Lafontaine, sondern jahrelanger Usus im Bundesfinanzministerium.

Und bislang sind alle Minister damit gut gefahren, lag doch der tatsächliche Gewinn in der Regel deutlich höher – mit einer Ausnahme: 1987 brach der US-Dollar in kürzester Zeit radikal ein, die Devisenreserven der Bundesbank büßten einen großen Teil ihres Werts ein, und der Überschuß tendierte mit nur 340 Millionen Mark „gegen Null“, wie es damals hieß. Der Rekord dagegen stammt aus dem vergangenen Jahr und beträgt satte 24,23 Milliarden Mark, für deren Entstehung der damalige Finanzminister Theodor Waigel maßgeblich mit verantwortlich zeichnete: Er hatte der Bundesbank nahegelegt, die Devisenreserven insbesondere beim Dollar und beim Yen – entsprechend dem heutigen Wertaufholungsgebot – neu zu bewerten, was den Überschuß gleich um fast 14 Milliarden Mark in die Höhe trieb. Normalerweise wird der Betrag, der über die im Haushalt verplanten sieben Milliarden hinausgeht, zur Tilgung von Schulden aus dem Erblastfonds verwendet.

Abgesehen von Bilanzierungstricks erwirtschaftet die Bundesbank ihren Gewinn mit der „normalen Geschäftstätigkeit“. Verkürzt ausgedrückt verleiht sie Geld gegen Zinsen, zahlt aber ihrerseits keine für Einlagen.

Auch in den nächsten Jahren wird sich Eichel darauf verlassen können, daß regelmäßig Überschüsse auf seine Konten fließen. Allerdings kommen diese dann nicht mehr direkt von der Bundesbank, sondern aus dem Pool der Europäischen Zentralbank (EZB), in den die elf nationalen Notenbanken der Euro-Länder zuvor ihre Gewinne eingezahlt haben. Wie das laufen soll, ist noch nicht in allen Einzelheiten geklärt. Und auch nicht, mit welchen Summen die einzelnen Länder dann rechnen können. Ein Sprecher der Bundesbank verwies gegenüber der taz auf Artikel 32 des Maastricht-Vertrages: „Der verbliebene Nettogewinn wird an die Anteilseigner entsprechend ihrer eingezahlten Anteile ausgeschüttet.“ Ein spezieller Verteilungsschlüssel soll dafür sorgen, daß die Gewinne der einzelnen Notenbanken innerhalb der Euro-Zone nicht umverteilt werden. Vor nicht allzu langer Zeit hatten Experten ausgerechnet, daß Deutschland, das über die Deutsche Bundesbank 30,9 Prozent und damit den höchsten Anteil am Kapital der EZB hält, ab 1999 Milliardensummen im zwei- bis dreistelligen Bereich weniger bekäme als nach dem bisherigen Prinzip. Beate Willms