KOMMENTAR: ESTER GEISSLINGER ÜBER KIELER SPD-PERSONALIEN
: Mieses Timing, schlechter Stil

Ob es nun eine richtige oder falsche Entscheidung war: Sie kam viel zu schnell

„Mehr Demokratie wagen“ wollte die schleswig-holsteinische SPD. Klingt das auch wie eine Floskel, hat es doch tatsächlich geklappt: 70 Prozent der Parteibasis beteiligten sich an der Mitgliederbefragung. Das Verfahren war sogar derart erfolgreich, dass andere Parteien schon überlegen, es den Sozialdemokraten nachzumachen. Aber kaum einen Tag danach ist es schon wieder vorbei mit der innerparteilichen Demokratie.

Im Hinterzimmer – real wie sprichwörtlich – verteilten der neue Spitzenkandidat Torsten Albig und der alte Parteichef Ralf Stegner die Macht und ihre Rollen darin, ließ Albig sich darauf ein, Stegners erneute Kandidatur um den Landesvorsitz zu unterstützen. Ob das nun eine richtige oder falsche Entscheidung war: Sie kam viel zu schnell.

Ralf Stegner ist prominent und hält die Parteilinken bei der Stange, denen ein Kandidat Albig vielleicht zu sehr in der Mitte steht. Stegner braucht seinen Posten also, um Albig zu stützen. Anderseits könnte es sinnvoll sein, den Spitzenkandidaten so stark wie möglich zu machen – das spräche für einen Parteivorsitzenden Albig.

Darüber hätte die SPD sicher gern selbst nachgedacht: in den Gremien und auf dem Parteitag. Indem Stegner aber einen Tag nach der verlorenen Wahl von seiner Partei forderte, sie solle ihn erneut zum Vorsitzenden machen, hat er diese Möglichkeit blockiert. Statt sich zu stärken, hat Stegner sich weiter geschwächt.